Den australischen Premier Malcolm Turnbull hat er angepöbelt. Dem japanischen Regierungschef Shinzo Abe riss er bei der demonstrativ herzlichen Begrüßung fast die Hand ab. Wer mit Donald Trump zusammentrifft, der muss auf Überraschungen gefasst sein. Gut 50 Tage hat es seit dem Amtsantritt des US-Präsidenten gedauert, bis Angela Merkel wetterbedingt nun erst am Freitag dieses zweifelhafte Vergnügen zuteilwird. Hier die nüchterne, gänzlich uneitle und stets faktenorientierte Naturwissenschaftlerin – dort der impulsive, narzisstische und notorisch faktenresistente Geschäftemacher. Ein größerer Gegensatz ist auch in der Gesellschafts-, Flüchtlings-, Europa- und Handelspolitik kaum denkbar: Die derzeit wichtigste Verteidigerin der westlichen Werte trifft auf den mächtigsten Vertreter eines autoritär-populistischen Nationalismus.

Im deutschen Kanzleramt will man von solchen Zuspitzungen nichts wissen. Beide Seiten wollen einen Showdown vermeiden. So könnte der Besuch für die Fernsehkameras durchaus freundlich verlaufen. Merkel hat in ihrer elfjährigen Regierungszeit reichlich Erfahrung im Umgang mit Alphamännern gesammelt. Und Trump kann in besseren Momenten einen gewissen unkonventionellen Charme entfalten.

Doch die diplomatische Verkleidung sollte nicht zur Selbsttäuschung führen. Dem liberalen europäischen Publikum mag der Twitterfreak im Weißen Haus wie eine Witzfigur vorkommen – bei seinen Hardcore-Fans in den USA hat der vermeintliche Rächer der Globalisierungsverlierer in den ersten Amtswochen nichts an Unterstützung eingebüßt. Solange die Konjunktur robust läuft, muss Trump innerparteiliche Kritiker kaum fürchten.

Zwar hat sich Trump zuletzt tatsächlich moderater über die Kanzlerin geäußert. Doch seine Auslassungen sind erratisch wie das hiesige Wetter. So glaubten selbst kritische US-Kommentatoren, in Trumps solider Kongressrede einen „Durchbruch zur Präsidentschaft“ zu erkennen. Am folgenden Morgen aber entfachte er ohne irgendwelche Belege eine irre Twitter-Tirade gegen seinen „bösen oder kranken“ Vorgänger Obama, der ihn abgehört habe. Die Politik muss sich also darauf einstellen, dass sie es in den nächsten vier Jahren mit einem unberechenbaren Präsidentendarsteller zu tun haben wird, der wenig Rücksicht auf seine Partner nimmt und dem die transatlantischen Beziehungen herzlich egal sind.

Substanzielles ist vom ersten Treffen also nicht zu erwarten. Denn auch Merkel kann Trump kaum entgegenkommen. Weder kann sie versprechen, dass alle Deutschen demnächst amerikanische Autos kaufen werden. Noch kann sie Absprachen ohne oder gar gegen die EU treffen. Schon gar nicht kann sie von ihren Prinzipien einer liberalen Gesellschaft abweichen. Innenpolitisch würde ihr zu viel Harmonie massiv schaden. Man sollte deshalb genau hinschauen, wie schnell sie bei der Begrüßung ihre Hand wegzieht.