Tage und Nächte waren blutig, Granat- und Raketenwerfer trommelten, die Panzer der prorussischen Rebellen stürmten Debalzewo, in der Stadt blieben die ersten Leichen auf der Straße liegen.

Vor zwei Jahren wurde das Friedensabkommen von Minsk unterzeichnet. Ausgehandelt von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine, sah es als erste, entscheidende, Maßnahme einen raschen vollständigen Waffenstillstand im Donbass vor. Doch kaum eine Waffenruhe ist so schnell und gründlich gebrochen worden.

Minsk hat zwar das große Schlachten beendet. Aber die Konfliktparteien drücken sich seither davor, seine 13 Punkte umzusetzen. Statt Waffenstillstand herrscht Sitzkrieg, beide Seiten feuern aus schwersten Geschützen. Die OSZE-Beobachter, die die Waffenruhe kontrollieren sollen, sind machtlos.

Die Wiederherstellung der sozialen und wirtschaftlichen Kontakte, die Minsk fordert, ist längst ins Gegenteil gekippt. Die Bankverbindungen sind zerrissen, Alte Leute kommen im Rebellengebiet nicht an ihre Pension, in Donezker Supermärkten gibt es kaum noch ukrainische Lebensmittel. Mit schikanöser Abfertigung wird es den Menschen erschwert, die Demarkationslinie zu überqueren. Und die Lokalwahlen, die im Donbass 2015 hätten nach ukrainischem Recht stattfinden sollen, sind nicht in Sicht. Es gibt niemanden, der ukrainische Politiker in den Rebellengebieten beschützen könnte.

Umgekehrt schiebt das Kiew nicht nur die in Minsk festgeschriebenen Amnestie für alle Beteiligten vor sich her. Sondern vor allem die Verfassungsreform zur dort geforderten Föderalisierung des ukrainischen Staates. Die Idee ist extrem unpopulär. Es werde keine geben, erklärte Präsident Petro Poroschenko jüngst. Die politische Elite der Ukraine befürchtet, Moskau könnte einen ukrainischen Bundesstaat über ein Vetorecht der Rebellenrepubliken unter seine Kontrolle bringen.
Aber auch die Gegenseite ignoriert Minsk. Die Rebellenrepubliken haben den Rubel als Währung eingeführt, eigene Pässe und eine staatliche Bürokratie, die kein Interesse an ihrer Abschaffung zeigt. Weder entwaffnen die Rebellen ihre Verbände, noch schicken sie Russlands Freiwillige und Berufssoldaten oder die aus Russland gelieferten Waffen nach Hause. Und wenn von der Übergabe der Grenze zu Russland an Kiew die Rede ist, verkünden Rebellen wie Russen einmütig, die Kontrolle über die Grenze würden dann die neu geschaffene Polizei der Separatistenrepubliken übernehmen.

Beide Seiten betrachten Minsk als schwaches Dokument. Ihm fehlen jegliche Sanktionsmechanismen für Verstöße, vor allem fehlt eine robuste Friedenstruppe, die Front und Rebellengebiete kontrolliert. Das Abkommen selbst scheint inzwischen einer Lösung des chronischen gewordenen Konfliktes im Weg zu stehen. Auch der Westen sollte sich daher Gedanken darüber machen, wie man Minsk umschreiben kann, um den Konflikt doch irgendwann zu lösen.