Natürlich ist Klimaschutz keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Sie ist für die Menschheit zur Überlebensfrage geworden, die jeden angeht: den Einzelnen, der seine Lebensführung auf den Prüfstand stellen muss, die Gesellschaft, die produzierende Wirtschaft, den Staat und weltumspannend die Gemeinschaft aller Länder. Die Gefahr, groß und real wie Kriege, lässt sich weder örtlich bannen noch national. Die Luft kümmert sich nicht um Grenzen und Fahnen.
Vor diesem Hintergrund ist die Tauglichkeit und Nachhaltigkeit konkreter Antworten auf die Bedrohung zu beurteilen. Damit befindet man sich schon mitten in der Problematik jenes Urteils, das dem Flughafen Wien, der wichtigsten touristischen Einflugschneise des Landes, den Bau einer dritten Start- und Landepiste verwehrt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar eingeräumt, dass die seit zehn Jahren projektierte Erweiterung dem Wirtschaftsstandort, Tourismus und Arbeitsmarkt ebenso zugutekäme wie der örtlichen Sicherheit, dennoch sei der Bau aus Gründen des Klimaschutzes, dem sich die Regierung verschrieben habe, abzulehnen. Das Urteil beruft sich auf kein Gesetz, sondern auf ein Gelöbnis. Die neue Piste konterkariere die Selbstverpflichtung, weil sie einen höheren Ausstoß an Kohlendioxid zur Folge habe. Der Senat wertete die Kapazitätsanpassung des einzigen nationalen Flughafens als ökologische Schubumkehr im Kampf gegen den Klimawandel und klassifizierte die volkswirtschaftlichen Vorteile einer Weiterentwicklung sowie das Sicherheitsargument als nachrangig. Heißt: Eine erhöhte Gefahr durch Engpässe und Überlastung wiegt weniger schwer als eine höhere, im Urteil nicht näher präzisierte Beeinträchtigung von Ackerland und Luft.
Mit Verlaub: Das ist ein Rigorismus, der in seiner fundamentalistischen Gnadenlosigkeit an Maturaaufsatz-Ethik erinnert und sich über das Gebot des Augenmaßes und der Verhältnismäßigkeit eifernd hinwegsetzt. Es ist ein Moralismus ohne Rücksicht auf Verluste.
Bleibt man in der Logik der Argumentation und überträgt den radikalen Geist der Rechtsprechung auf ähnliche Vorhaben, würde das bedeuten, dass künftig keine neue Straße mehr gebaut, kein neuer Betrieb mehr angesiedelt und kein neues Auto mehr gekauft werden dürfte. Jeglicher Verweis auf konkrete Auflagen oder konkrete kompensatorische Maßnahmen wäre dann so unerheblich wie im gegenständlichen Fall, weil der Tatbestand grundsätzlicher Verwerflichkeit rechtlich über allem stünde und darunter nichts mehr zuließe.
Wer so apodiktisch urteilt und den konkreten, wägenden Blick so scheut, fragt auch nicht kleinlich, wem sein Tun konkret nützt; dem Klima eher nicht. Das Verbot der Piste schränkt den Flugverkehr nicht ein. Es lenkt ihn nur um: nach München, Budapest oder ins nahe Bratislava. Zurück bleibt ein schwer geschädigter Standort, Opfer einer bizarren richterlichen Selbstermächtigung.