Ich habe jede Zeile und die aufgelisteten Gebote verschlungen - mehrmals. Und man kann dem fast nicht widersprechen, aber nur fast: Denn wer soll das heute noch lesen? Wer will heute noch ein solcher Mensch werden oder sein, wie Sie es beschreiben? Wir haben ja das Handy, mit dem man kommunizieren kann, wir haben das Internet, um neue Kontakte zu knüpfen, da man ja den Nachbarn nicht mag und ihn maximal über die Überwachungskamera beobachtet und wartet, bis er was falsch macht, um ihn zu vernadern. Viele schaffen sich einen Hund an, weil den kann man bedenkenlos lieben und er hilft einem, dass man doch noch vor die Tür geht, damit man eine akzeptable Persönlichkeit wird. Das Leben ist für die meisten heute Prozess genug, mit den Dingen auszukommen, die hereinkommen und das so effektiv wie möglich. Wenn man es einmal nicht weiß, dann geht man auf "Gockel"-suche im Internet. Hier bekommt man Erfahrungsberichte aufgelistet, wie und wo man am besten leben kann und am wenigsten dafür tun muss. Wozu braucht man da Lebensklugheit?
Wenn man heute ein Ziel hat, dann ist es, ein Medienstar zu werden. Da braucht man keinen Aristoteles. Außerdem kann er auf Social-Plattformen eh nicht mehr "liken" oder "teilen".
Im Übrigen will man immer und überall entertaint werden, in der Straßenbahn, beim Arzt, beim Chillen und auch am gewissen Örtchen. Dabei kann man doch nicht die Achtsamkeit gegenüber den anderen kultivieren, sonst kommen diese einem zuvor.
Werner Riedl, Graz