Queen Elizabeth II. war eine Ausnahmeerscheinung, die mit jedem Jahr, das vorüberzog, mehr aus der Zeit gefallen und wichtiger zu werden schien. Das Vereinigte Königreich verlor mit ihr sein Leuchtfeuer, das dem britischen Volk über gut 70 Jahre so unterbewusst wie beständig Orientierung bot. Konstanz über alles – bis hin zum Commonwealth, für den sie allein der Kitt war.

Die Fragen, die nicht erst nach der anhaltenden Trauerarbeit gestellt werden müssen, sind evident: Hat die Monarchie als solche genug Substanz, um weiter zu bestehen – oder war das Fundament im Wesentlichen "nur" die 96-jährig Verstorbene selbst? Lässt sich all der Staub wegblasen – und was kann man dem das Königshaus finanzierenden Bürger darunter an Herzeigbarem anbieten?

Es wird eine Gratwanderung sein, die jetzt von Charles III., dem Spätberufenen, eingeschlagen und später von seinem Sohn William prolongiert werden muss: Standfeste gibt es im auf wackeligen Beinen stehenden Königreich nur noch wenige. Das Volk dürfte das Unterfangen Monarchie nicht ins Ausgedinge schicken wollen, auch wenn gerade die Jungen nur noch wenig damit anfangen können: Etwas, das für Kontinuität steht, zu haben, ist in einer hochvolatilen Zeit wie dieser wertvoller denn je. Andererseits werden sich Schmerz und Aufregung um das Ableben der Königin auf ein gesundes Maß senken – von den horrenden Lebenshaltungskosten und unzähligen anderen Problemen im Vereinigten Königreich darf man das nicht annehmen.

Pomp ist ein Faszinosum, das gerade zur britischen Monarchie gehört. Das Museale lockt Touristen aus aller Welt an und bietet dem eigenen Volk eine Parallelwelt zum Hinschauen. Charles III. wird indes um eine gut bemessene Verschlankung des Hofstaates, in dem Legionen von Royals teils absurde Termine wahrnehmen, nicht mehr herumkommen. Selbst der Buckingham Palace hat hier Erklärungsbedarf.

Verzichtet Charles III. auf Modernisierung, wird die Bedeutung des Königshauses bis auf Reliktgröße schwinden. Der Stil, den Elizabeth II. in ihrer phänomenalen Regentschaft seit den frühen 1950er-Jahren zur Vollendung ausprägte (und den ihr das Volk zubilligte), ist so nicht mehr in das Jetzt übertragbar. Dass dem neuen König ökologische Belange ehrliches Anliegen sind, ist in Zeiten der Klimakrise ein weiterer tauglicher Ansatz. Auch mit einer gewissen Offenheit, die einen die Monarchie besser nachvollziehen ließe, wäre er gut beraten.

Elizabeth II. war von ihrem Amt nicht mehr zu unterscheiden, verschmolz auf bestechende Weise mit ihm: Es war ihre Berufung und Lebensaufgabe, mit Konstanz, Ethos und Pflichtergebenheit – bis zu ihrem letzten Atemzug. Es widerspräche aber der bald 1000-jährigen Geschichte dieser Monarchie, davon auszugehen, dass sie nicht am Ende größer als ihre jeweiligen Repräsentanten ist und sein muss.

Selbst wenn die Königin der Beständigkeit als singulär in die Geschichtsbücher eingehen wird.