Der türkische Präsident Erdogan braucht Geld für seine Wiederwahl. Mit den reichen Golfstaaten hat er jahrelange Streitigkeiten beigelegt und sogar den Prozess wegen des Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi unter den Tisch fallen lassen, um sie zu Investitionen in der Türkei zu bewegen. Jetzt wendet sich Erdogan an Russland, das die Türkei gerne nutzen würde, um westliche Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges zu umgehen. Erdogans Paradethema der vergangenen Wahlsiege – die türkische Wirtschaft – ist für ihn zu einem politischen Mühlstein geworden.
Die Inflation liegt selbst nach staatlichen Angaben bei fast 80 Prozent, das ist der höchste Stand seit 1998. Nach unabhängigen Berechnungen ist die Geldentwertung mehr als doppelt so hoch. Schul- und Universitätsabgänger finden keine Jobs, selbst Stammwähler von Erdogans Regierungspartei AKP murren. Zum ersten Mal seit seiner Machtübernahme vor 20 Jahren steht Erdogan einer geeinten Opposition gegenüber.
Susanne Güsten (Istanbul)