Die Katastrophe war angekündigt. Tage, bevor erste Tropfen fielen, warnten Meteorologinnen und Meteorologen vor enormen Regenmengen, die ab Ende der Woche vor allem über dem Nordosten Österreichs niedergehen würden.

Dann begann es zu regnen – doch zumindest in Wien wirkte das zunächst eher wie besonders kaltes Herbstwetter als wie der Beginn einer Flutkatastrophe. Auf der Plattform X, vormals Twitter, gingen die Interpretationen der Geschehnisse am Samstag auseinander: Die einen orteten früh großes Risiko, warnten eindringlich vor dem Aufenthalt im Freien. „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung“, kommentierten andere.

Dilemma seit Corona

Ab Sonntag war die Katastrophe dann da. Die prognostizierten Regenmengen kamen, wenn auch wider Erwarten das Tullnerfeld noch stärker betroffen war als das Kamptal, Epizentrum der Hochwasserkatastrophe 2002. Betroffene mussten teils mit Booten aus ihren Häusern in Sicherheit gebracht werden, fünf Menschen kamen ums Leben. Gleichzeitig mussten Personen ermahnt werden, sich nicht aus Voyeurismus den überlaufenden Gewässern zu nähern. War doch zu wenig gewarnt worden? Wurde die Gefahr trotz intensiver medialer Berichterstattung von vielen in Österreich bis zuletzt unterschätzt?

Spätestens seit den Corona-Jahren stehen Medien und Politik vor einem Dilemma: Nach kommunikativen Fehltritten während der Pandemie reagiert ein Teil der Bevölkerung auf Warnungen – sei es in Bezug auf Krankheitserreger oder den Themenkomplex Klimawandel – mit Trotz und Ablehnung. Der Vorwurf: Erst wird Panik verbreitet, am Ende kommt alles dann doch nicht so schlimm. Dass etwa Menschen in Wien wegen eines Tippfehlers bei GeoSphere via Wetterapps vorübergehend statt vor starkem Wind vor 80 Zentimetern Neuschnee gewarnt wurden, hat wohl kaum zur Vertrauensbildung beigetragen.

Da Verharmlosung, dort Alarmismus

Naturkatastrophen dürften in Zukunft nicht seltener werden – als Gesellschaft müssen wir also besser darin werden, Gefahren richtig einzuschätzen, auf Warnungen angemessen zu reagieren. Es gilt, Fachleuten zuzuhören, die auf mögliche Unschärfen bei Prognosen hinweisen. Sich zu informieren, was ein Ereignis für den einzelnen bedeutet. Und aufzuatmen, falls das Erwartete dann doch nicht eintreten sollte. Auch Medien müssen darauf achten, dass im Ringen um die meisten Klicks die Grenzen zwischen dem kleinen Aufreger und der großen Tragödie in der Berichterstattung nicht verschwimmen.

In Zeiten, in denen sich viele vorwiegend über Social Media informieren, ist all das keine leichte Aufgabe. Je nach Blase und Plattform floriert da Verharmlosung, dort Alarmismus. Die gute Nachricht: Österreich bekommt wohl demnächst die lange angekündigten Katastrophen-Warnungen via Handy. Ein Testlauf in der Steiermark, wo sturmbedingt zur Vorsicht gerufen wurde, war am Wochenende jedenfalls erfolgreich.