Gleich gelte ich als Nestbeschmutzerin, weil ich nicht alles am Fußball toll finde. Es muss trotzdem sein. Zwei große Sportwetten-Firmen sind Premiumpartner, also Sponsoren, des österreichischen Fußball-Nationalteams. Das sind zwei Unternehmen, die süchtig machen. Aber auch zwei, die Spaß versprechen, weil darauf zu wetten, ob und wie hoch wir am Dienstag die Türkei schlagen, ist toll. Wir sind schließlich alle Fußballexperten und mit dem Smartphone kann ich neben der Ergebnisplatzierung via Livewetten auch das ganze Spiel checken, kann auf den nächsten Eckball, den nächsten Wechsel wetten. Ich kann also meine Fußballexpertise zu Geld machen. Das macht Spaß und im Hirn rauschen die Dopaminwellen. Es entfacht wohl eine ähnliche selbstüberschätzende Wirkung wie Kokain. Und das ist auch schon der Kern: Sportwetten haben nach dem Automatenspiel den höchsten Suchtfaktor. Das sagt Monika Lierzer von der Fachstelle für Glücksspiel in Graz. Die Sucht speist sich aus dem Gedanken, das System der Wettanbieter austricksen zu können. Spoiler: Kann man nicht. Ist wie beim Black-Jack-Kartenzählen, das schafft nur Rain Man.

Wenn aber etwas so stark süchtig macht, in Österreich sprechen wir von etwa 100.000 Menschen, die davon betroffen sind, stellt sich doch die Frage: Warum greift der Gesetzgeber hier nicht regulierend ein? Warum schützt er nicht jene Kinder und Jugendlichen, die aktuell pro Fußballspiel zwischen vier und sechs Werbespots von Wettanbietern im Fernsehen und via Livestreams konsumieren? Nun, das Glücksspielmonopol liegt beim Bund und dort gibt es auch Regeln. Es gibt Konzessionen und eine staatliche Glücksspielaufsicht – ob das immer alles perfekt funktioniert, ist eine andere Debatte, aber es gibt einen rechtlichen Rahmen. Nicht so bei Sportwetten: Sportwetten sind in Österreich nicht als Glücksspiel gesetzlich definiert. Sie gelten als Geschicklichkeitsspiel. Österreich ist in der gesamten EU übrigens das einzige Land, das „Geschicklichkeit“ statt „Glück“ zu Sportwetten sagt. Und wenn man bloß geschickt sein muss, vielleicht selbst in einem Hobbyverein spielt und schon oft richtig getippt hat, dann hat das mit Glück und Sucht natürlich nichts zu tun. Und dann gibt es hier auch nichts zu schützen. Der Oberste Gerichtshof hat erst in diesem Jahr genau das bestätigt. Und Daniel Winter-Holzinger, Gründer der „Sports Betting Academy“, ist vor wenigen Tagen ausgerückt, um „die Wahrheit“ über Sportwetten klarzumachen. Es sei eben überhaupt kein Glück, sondern alles basiere „auf Mathematik und Wahrscheinlichkeitsrechnung“. Ja eh, die der Wettanbieter. Ich wünsche dem österreichischen Nationalteam wirklich alle Siege, die sie noch heimbringen kann, es ist aber falsch, dass Ralf Rangnick, David Alaba und Marcel Sabitzer auf einem einschlägigen Sujet einen Startbonus für Wetten bewerben. Denn Fans vertrauen Vorbildern. Gerade im Fußball, und besonders jetzt, wo es sportlich so gut läuft.