In der Debatte ums teure Wohnen hat die Politik wieder einmal ein Wundermittel entdeckt: Die „Leerstandsabgabe“ soll Eigentümer leerer Wohnungen mehr oder weniger sanft zur Vermietung überreden. Laut geplantem Gesetz dürfen künftig die Länder diese Steuer einheben.
Dass dadurch die Wohnungsnot endet, sollte freilich niemand glauben. Denn hinter dem Phänomen Leerstand stehen im Einzelfall ganz verschiedene Ursachen: zum Beispiel veraltete Bausubstanz, hoher Investitionsbedarf, Strukturwandel, Abwanderung, das unzeitgemäße Mietrecht. Und ja: Einer der Gründe ist auch die Spekulation. Weil in den langen Nullzins-Jahren die Flucht in solide Sachwerte allemal lukrativer war als die verordnete „Enteignung auf Raten“ auf Sparguthaben. Die durch Geldpolitik befeuerte Devise „Grundbuch statt Sparbuch“ hat viel sinnlose Naturzerstörung bewirkt.
Fraglos gibt es im Bau- und Wohnungswesen Missstände. Die haben aber teils wenig miteinander zu tun, teils wirken sie einander sogar entgegen. Um die Lage zu bessern, muss man die Themen voneinander trennen: Bodenverbrauch, Klimaschutz, Raumordnung, Wohnbedürfnisse, Lieferketten, Inflation, Vermögensbildung. Und übrigens auch Eigentumsschutz.
In strukturschwachen Abwanderungsgebieten wird die Steuer auf Leerstand nichts nützen. Dort wollen einfach zu wenige Menschen wohnen. Dieser Leerstand wäre nur durch Zwangseinweisung heilbar – und so weit gehen die planwirtschaftlichen Fieberträume hoffentlich (noch) bei niemandem. Ähnliches gilt für Zweitwohnsitze: Man kann sie besteuern, aber gegen die urbane Wohnungsmisere hilft das nicht. Und Ressentiments gegen „Reiche“ sind sowieso fragwürdig in einem Land mit leistungsfeindlichem Steuersystem.
In den Städten wiederum bewirkt vor allem das starre Mietrecht Leerstände. Der kreative Eifer sollte nicht nach neuen Steuern fragen, sondern danach, wie man die konträren Interessen von Mietern und Vermietern fairer und flexibler ausgleichen kann. Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Der freie Markt allein wird es nicht richten, und man kann auch anerkennen, dass Eigentum verpflichtet, wenn es sich um knappen urbanen Wohnraum handelt. Aber Enteignung und Zwangswirtschaft sind gefährlich. In Berlin hat man es mit einem harten Mietendeckel probiert, was zur katastrophalen Verknappung des Angebots führte.
Bestes Mittel gegen Wohnungsnot wäre, dass die Revitalisierung und der leistbare, gemeinnützige Neubau viel stärker gefördert und angekurbelt werden – nicht nur mit Geld, sondern auch mit entschlackten Bauauflagen. Gegen Naturzerstörung hingegen würde vor allem die Abschöpfung der aberwitzigen Umwidmungsgewinne helfen. Die ist argumentierbar, denn das Zubetonieren von Ex-Grünland belastet immer die Allgemeinheit. Aber damit hätte man in den 1960er Jahren beginnen müssen. Heute ist diese Party weitgehend vorbei. Hoffentlich.