Man fragt sich, ob sie jemals weg war, nun aber schickt das iranische Regime seine "Sittenpolizei" offiziell zurück auf die Straßen. Im Visier steht einmal mehr das Kopftuch oder besser gesagt: das Fehlen desselben. Die für einige Zeit kolportierte Auflösung der Sittenpolizei: nur eine Scharade.
Dass sich Wächter der "Moral" – Menschenrechte sind nicht inkludiert – auf dieses höchst symbolbeladene Stück Stoff einschießen, hat Gründe: Nachdem die junge Mahsa Amini in Polizeigewahrsam gestorben war, brachen Proteste los. Viele iranische Frauen gehen nicht mehr zu Massendemonstrationen, tragen aber als Zeichen ihrer Ablehnung zeitweise ihr Haar offen.
Bilder davon kursieren im Netz und zeigen zweierlei: Protest muss adaptiv sein. Gute Teile der Bevölkerung stellen sich weiter gegen Teherans inhumane Unterdrückungsmaschinerie. Breitflächige Repression und Gleichschaltung bilden das unglückselige Fundament jedes Regimes. Ob Hidschab getragen wird, wird zusätzlich mit chinesischer Überwachungstechnologie kontrolliert.
Nicht fassbar ist indes das neue Bewusstsein, das sich in den Köpfen formierte. Wissend, dass man äußeren und innerlichen Protest nicht mehr deaktivieren kann, lässt Teheran gegen das Volk erneut die Sittenpolizei von der Leine. Ist diese Speerspitze der Konterrevolution ein Zeichen der Stärke oder Indiz dafür, dass Dinge entgleiten?