Umstrittene Chalets auf der Hochrindl, Brutalo-Architektur am Nassfeld, und jetzt – schon wieder – neue Appartement-Klötze in der Gemeinde Millstatt (Kleine Zeitung, 19. 1.). Mit stetiger und unverfrorener Chuzpe suchen internationale Immobilienhaie nach günstigen Möglichkeiten, um die Millionen ihrer Investoren mit höchstmöglicher Rendite anzulegen.
Schon längst hat sich unter ihnen herumgesprochen, dass Monsterprojekte in idyllischen Kärntner Almgegenden oder an attraktiven Seeufern Kärntens Profite versprechen, von denen sie in anderen österreichischen Bundesländern nur träumen können. Tirol und Salzburg haben schon längst die Notbremse gezogen und solche hochspekulativen Projekte von intransparenten Investorengruppen mittlerweile untersagt. Nicht so in Kärnten. Raumordnung hin oder her, weitere Bodenversiegelung, Naturschutz, neue Gefahren durch Klimaproblematik, Bauen neben Roter Zone, Eingriffe ins Ortsbild: egal. Gerade das neueste Beispiel in Dellach am Millstätter See zeigt, wie rücksichtslos hier vorgegangen wird.
Mittlerweile tarnen Investoren ihre Spekulationsprojekte als „Wohnungsbauten“, wo doch offensichtlich ist, dass es sich hier tatsächlich um weitere kalte Betten handelt. Denn Kaufpreise weit jenseits der 5000 Euro pro Quadratmeter werden wohl kaum für Jungfamilien aus der ortsansässigen Bevölkerung leistbar sein. Es ist hinlänglich erwiesen, dass die Ortsbewohner keinen Mehrwert aus derartigen umstrittenen Projekten lukrieren, stattdessen unter anderem erhöhtem Lärm und erhöhten Emissionenausgesetzt sind.
So stellt sich die Frage, warum die Gemeindebehörden in Kärnten angesichts des Widerstands in der Bevölkerung derartige Projekte 2022 überhaupt noch in Betracht ziehen? Stattdessen sollte ab sofort ein Generalstopp und partizipatorischer Nachdenkprozess ausgerufen werden. Oder müssen erst die Aktivist/innen von Fridays for Future die Gemeindestuben besetzen, bis hier eine entsprechende Sensibilisierung und ein Umdenken der Entscheidungsträger eintritt?
Leopold Stollwitzer ist Politik-Analyst und lehrt an verschiedenen universitären Einrichtungen.
Leopold Stollwitzer