In unserem Haushalt gibt es ein Objekt der Begierde. Es ist zerbrechlich und klein, besitzt aber sagenhaft viel Fassungsvermögen. Nein, ich spreche nicht vom Herz der Mutter, sondern von unserem iPad, auch zärtlich „Gulligulli“ genannt. Der Refrain des Kindersongs war vor Jahren die Einstiegsdroge, inzwischen befinden wir uns aber leider schon vor jenem Suchtstadium, in dem sich der Nachwuchs am liebsten täglich einen Schuss Youtube setzen will. Nachdem alle elterlichen Tablet-Verstecke irgendwann enttarnt oder erklommen wurden, blieb als letzte Akutmaßnahme, die Bildschirmzeit streng zu reglementieren. Weil aber die Bibi Blocksberg in einer halben Stunde unmöglich alles verhexen kann und auch der Pumuckl gerne länger kräht, kämpfen wir uns seither durch zähe Verhandlungsrunden, wie lange 30 Minuten eigentlich dauern dürfen. Die Jugend gibt sich dabei recht geschickt und wendig, von „Biiiitte, nur noch kuuuurz“ zu „Wenn wir das noch schauen dürfen, gehen wir nachher gleich Zähneputzen“, war es eine steile Lernkurve. Bevor sich die Heilige Dreifaltigkeit der Kindererziehung – Bestechen, Erpressen, Drohen – aber gänzlich gegen uns verkehren konnte, kam das Schicksal zu Hilfe: Wohl erschöpft vom hitzigen Gezänk, gab Gulligulli nun endgültig den Strom ab, alle verzweifelten Wiederbelebungsversuche scheiterten. Auch so kann man sich unangenehmer Diskussionen einigermaßen elegant entledigen…