Vor einiger Zeit flatterte ein Brief aus Italien ins Haus, unersprießliche Post, eine harsche Zahlungsaufforderung. Ihr Morgenpostler hatte ein paar Wochen davor auf dem Rückweg von Italien auf einer stark befahrenen Durchzugsstraße in einem kleinen Ort im Veneto eine Dreißigerzone übersehen, war mit Karacho in eine Radarfalle gerauscht und geblitzt worden. Die Hoffnung, die Strafverfügung werde es nicht über die Staatsgrenze schaffen, erwies sich als trügerisch. In Italien geht man gegen Temposünder seit einiger Zeit mit zum Teil drakonischen Geldstrafen vor, die sich für Säumige noch einmal empfindlich erhöhen. Gern nahm ich daher den großzügig bemessenen Sofortzahlerbonus in Anspruch.
Auch in unserem südlichen Nachbarland schießen die verkehrsberuhigten Ortskerne mittlerweile wie Pilze nach dem Regen aus dem Boden. Die Kommunen versuchen auf diese Weise den Leidensdruck ihrer verkehrsgeplagten Einwohnerschaft zu mildern. Wird man freilich zur Hauptreisezeit im Sommer auf dem Weg nach Süden an gefühlt jedem Ortseingang gezwungen, jäh auf Schritttempo herunterzubremsen, sorgt das zunächst einmal für Irritation und Verdruss. In meinem Fall genügt allerdings meist die Erinnerung an die mit Braunkohle beladenen Laster meiner Kindheit im weststeirischen Bergbaurevier, die auf der B70 scheppernd durch die Stadt donnerten, und schon braucht mir niemand mehr lang und breit den zivilisatorischen Fortschritt und Nutzen der 30er-Limits zu erklären.
Die Erkenntnis, dass die Errichtung geschwindigkeitsreduzierter Zonen für viele Gemeinden einen Gewinn an Sicherheit und Lebensqualität bedeutet, hat sich mittlerweile auch bei zahlreichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in der Steiermark und in Kärnten durchgesetzt. Das Thema birgt allerdings nach wie vor reichlich Konfliktstoff zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Wir lassen dazu in unserer heutigen Ausgabe die Ortschefinnen und -chefs zu Wort kommen. Ausdrücklich ans Herz legen möchte ich Ihnen zudem den Leitartikel meines Kollegen Thomas Cik, ein aus persönlicher Erfahrung im Freundeskreis gespeistes Plädoyer für mehr Autonomie der Kommunen bei der Verhängung von Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Mit herzlichen Grüßen,