Der Sieg von Recep Tayyip Erdoğan bei der Stichwahl um das türkische Präsidentenamt krönt eine außergewöhnliche Karriere. Erdoğan regiert die Türkei länger als jeder andere Politiker vor ihm, Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk eingeschlossen. Er hat sich mitten in einer teils selbstverschuldeten Wirtschaftskrise gegen eine Front von Oppositionsparteien durchgesetzt, die von Kommunisten über Kurden, Linksnationalisten bis zu Rechtspopulisten reichte. Das ist beachtlich. Aber es ist nur die halbe Wahrheit. Die türkischen Wahlen waren wegen Erdoğans Macht über die Behörden, die Justiz und die Medien nicht fair. Obwohl der Präsident seinen ganzen Apparat aufbot, erhielt er dennoch von fast jedem zweiten Wähler eine Abfuhr.
Susanne Güsten (Istanbul)