Was viele kaum für möglich hielten, ist eingetreten: Die Ski-WM in den französischen Alpen sollte Österreich tatsächlich auch ein paar erheiternde und erbauliche Momente bescheren. Im Schmährennen wieder ganz vorn dabei war allerdings „Beutebayer“ Felix Neureuther, dessen Genesungswünsche an den erkrankten Anchorman Rainer Pariasek das ORF- und unser Online-Publikum verzückten: „Lieber Rainer, mein Schatziputzi. Gute Besserung, wenn du was brauchst, ruf mich an. Ich bringe dir einen Ingwertee mit Zitrone vorbei. Das schaff ma alles!“
Erstaunlich viel schafften auch die österreichischen Skistars, gleich zu Beginn der Wettkämpfe. „Aufstand der Gescholtenen“ hallte es von unserer Titelseite, nachdem die Geschwister Haaser und Allroundtalent Marco Schwarz in den ersten zwei Tagen schon drei Medaillen heimgefahren hatten. Und obwohl Marco Odermatt als Doppelweltmeister, „Hausherr“ Alexis Pinturault beim Kombi-Sieg und Mikaela Shiffrin mit einer historischen Fahrt zu Riesentorlauf-Gold ihren Favoritenrollen gerecht wurden, hamsterten wir in deren Windschatten brav weiter - immerhin sieben Mal Edelmetall und damit mehr, als von ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober im Vorfeld verordnet.
Dass unser Team die Erwartungen auch noch beim Sammeln von Blech übertreffen musste, wäre aber nicht unbedingt nötig gewesen. Mit sieben vierten Plätzen in zwölf Rennen führt Österreich die Statistik der Unbedankten überdeutlich an, während uns der fehlende Goldglanz im Medaillenspiegel zugleich auf Platz 8 abrutschen ließ. Sollte auch beim heutigen Slalomfinale hinter keinem ÖSV-Athleten ein Einser aufleuchten, droht sogar das schlechteste WM-Ergebnis seit 36 Jahren.
Es würde schonungslos vor Augen führen, dass die erwähnten Achtungserfolge nicht ausreichen und man sich auch nicht damit begnügen sollte, besser als befürchtet abzuschneiden. Denn das Podest, auf dem die rot-weiß-rote Skination steht, hat kein solides Fundament mehr.
Ende Jänner bot dafür den Beleg, als Österreichs Team bei den Junioren-Weltmeisterschaften quasi erfolglos den Arlberg hinunter carvte. Das matte Ergebnis des Nachwuchses fand allerdings wenig öffentliche Beachtung, da die Ski-Fans gerade auf die Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel fixiert waren. In St. Anton ergatterten die jungen Damen und Herren in elf Bewerben lediglich zwei Bronzene – ergab schlussendlich Platz 9 in der Nationenwertung. Eine historisch einmalige Blamage bei Wettkämpfen, die bis dato von unserem Nachwuchs beherrscht wurden: Die Bilanz von 1982 bis 2022 sieht Österreich mit insgesamt 317 Medaillen (105 Gold, 112 Silber, 100 Bronze) ganz klar als stärkste Nation vor der Schweiz mit etwas mehr als der Hälfte (173 Medaillen).
Doch nicht nur diese Zahlen, auch die beteiligten Namen lassen Rückschlüsse zu: Viele der Stars, die jetzt in Frankreich mit Weltmeister-Medaillen dekoriert wurden, fanden sich schon in den Siegerlisten bei den Junioren. Wie zuvor ein Marcel Hirscher oder Henrik Kristoffersen, hatte sich auch Marco Odermatt mit mehreren Goldenen bei der Nachwuchs-WM eingetragen. Als Österreicher glänzten in diesen Rankings einst Marco Schwarz, Manuel Feller und Nina Ortlieb – Medaillenaspiranten, wie sie uns in ein paar Jahren wohl fehlen werden.
Für den ÖSV ein Alarmsignal und Arbeitsauftrag, will er nicht riskieren, dass vom österreichischen Team irgendwann nur noch der TV-Drohnenpilot mit der Weltspitze mithalten kann.
Einen schönen Sonntag wünscht