Sie ist irgendwie Exotin, weil die erst Dritte ihrer Art. Als Johanna Mikl-Leitner 2017 das Zepter vom niederösterreichischen Langzeitregenten Erwin Pröll übernahm, waren vor ihr gerade einmal zwei Frauen an der Spitze eines Bundeslandes vereidigt worden.

Seit 1945 dominieren in Österreich die Länderchefs, satte 71 an der Zahl. Die Steirerin Waltraud Klasnic konnte 1996 Geschichte schreiben, als es ihr erstmals gelang, diese Männer-Phalanx zu durchbrechen: Sie trat das Erbe des noch in der Wahlnacht zurückgetretenen ÖVP-Urgesteins Josef Krainer jun. an, dem die SPÖ bis auf 2.000 Stimmen nahegekommen war. Vier Jahre später feierte Klasnic, die anfangs noch auf die Anrede „Frau Landeshauptmann“ Wert gelegt hatte, im Zuge des Lassinger Grubenunglücks aber zur „Landesmutter“ aufgestiegen war, einen vielbeachteten, nahezu fulminanten Wahlsieg. Umso härter traf sie die Niederlage 2005, als die ÖVP von der SPÖ überholt und Franz Voves neuer Landeshauptmann wurde.

Ein Jahr davor war es auch Gabi Burgstaller in Salzburg gelungen, die Vorherrschaft der ÖVP zu durchbrechen, weshalb man für knapp 16 Monate plötzlich eine Frauenquote von 22,22 Prozent bei der Landeshauptleutekonferenz verzeichnete. Burgstaller gelang die glanzlose Wiederwahl, nach dem Platzen eines Spekulationsskandals 2013 stürzte die SPÖ jedoch ab und riss ihre Chefin mit.

Im Gleichklang mit ihren Vorgängerinnen konnte auch Mikl-Leitner bei ihrer ersten Landtagswahl triumphieren und mit 49,6 Prozent aller Stimmen die absolute Mandatsmehrheit im niederösterreichischen Landtag erringen.
Bei den heutigen Wahlen ist die 50-Prozent-Marke allerdings unerreichbar - die ÖVP muss stattdessen befürchten, ein historisches Wahldebakel zu erleiden. Teuerungsdynamik und Korruptionsaffären machten auch vor dem schwarzen Kernland nicht Halt und trieben „Hanni“ in eine landesfarbige Wohlfühlkampagne, die fortlaufend Fördergelder fürs notleidende Wahlvolk gebar. Das Einfahren der 40 Prozent ist für die Landeshauptfrau nämlich oberstes Gebot: Würde sie die Mehrheit in der Regierung verlieren, wäre nicht nur ihre persönliche Macht perdu, sondern auch Niederösterreichs Dominanz an den Schalthebeln im Bund.
St. Pölten praktiziert übrigens immer noch den Proporz, also ein System, bei dem die neun Regierungssitze nach der Parteienstärke im Landtag verteilt werden und das in der Steiermark bereits 2011, in Kärnten 2017 abgeschafft wurde. Aktuell stellt die ÖVP sechs Landesräte, doch auch mit nur fünf Mitgliedern hält man automatisch die Mehrheit in der Regierung, die nicht nur in Niederösterreich die Politik bestimmt.

Diese Mehrheit von fünf wird heute voraussichtlich - abhängig von der Größe der Kleinparteien und Dichte an Vorzugsstimmen - mit knapp über 40 Prozent erreichbar sein. Kann Mikl-Leitner diese Hürde noch überspringen, dürfte sie sich trotz der Verluste ein zweites Mal en suite als Wahlsiegerin feiern lassen. Sie wäre die erste Frau, der dies gelänge.

Einen spannenden Sonntag, durch den Sie unser Innenpolitik-Team gern live mit Ergebnissen und Analysen auf www.kleine.at oder in unserer App begleitet, wünscht