Was jetzt. Einer wie Thomas Schmid soll „Kronzeuge“ werden, umgewandelt werden mit staatsanwaltlicher Billigung oder gar Befriedigung? Einer wie er soll also nicht mehr zentrale Figur und ausführendes Organ strafrechtlich und moralisch relevanter Schweinereien sein, sondern Zeuge mit Krone auf dem Haupt, weil er eine demaskierte Erlöserfigur hochgehen hat lassen? Ein Thomas Schmid, der eben noch ausweglos am Abgrund stand und nicht der Einzige sein wollte, der einen Schritt weiter muss, als alleiniges Sinnbild allen Übels, vor allem des Übels unterwürfiger, dienstbarer Herrschsucht?

Einer wie er fühlt sich plötzlich „benutzt“, einem wie ihm soll nicht bewusst gewesen sein, dass er als Emporgekommener, als Drehscheibe der Clique, genau das von Anbeginn war, ein benutzter Nutznießer, der sich mit jeder beflissen und schamfrei ausgeführten Untat ein Stück mehr erhöhte und diese Antriebsfeder, das „Angeberische“, auch offen einbekannt hat?

Einer wie er schreitet durch das Saulustor und geht nach dem Offenbarungseid durch das Paulustor wieder raus, mit dem Siegel des Rechtsstaates? Kauft sich frei mit einem Jahresgerstl? Bekommt die Absolution und nimmt nicht auf der Anklagebank Platz, wo er hingehört, von der Mutter in erster Instanz bereits schuldig gesprochen, mit dem härtesten aller Schuldsprüche („so haben wir dich nicht erzogen“), setzt sich also nicht auf die Bank der Angeklagten, sondern schaut auf der Galerie zu, wie unten Recht gesprochen wird?

Das darf nicht sein. Es wäre ein Bruch mit allen Rechtsgrundsätzen. Es würde den Graben, den das Geschehene zwischen den Bürgern, die nicht wissen, wie sie über den Winter und die Krisen kommen, und der Sphäre der Politik ohnehin nachhaltig aufgerissen hat, zusätzlich weiten. Das schaurige Bild von „denen da oben“, die es sich per Zuruf gerichtet haben, von der verminderten Steuerpflicht bis zu den zugeschanzten Posten: Es wäre um eine schlimme Facette reicher.

Was Schmid „offenbart“ hat, soll er nicht als Teil eines späten Deals aus unfreien Stücken darlegen (wer ausweglos in den Abgrund blickt, entscheidet nicht aus freiem Willen), sondern gefälligst als Beschuldigter vor Gericht. Und das Gericht soll tun, wozu es da ist, das Offenbarte auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfen. Im konkreten Fall: in einer sauberen, transparenten Beweiswürdigung klären, welche Offenbarung näher an der Wirklichkeit liegt, die mitgeschnittene gegenüber seinem „geliebten Kanzler“ vor einem Jahr („die bauen sich halt was zusammen“) oder jene gegenüber den Anklägern der WKStA („Kurz war Anstifter“) in einer abgeschirmten Wachstube der Polizeidirektion am Grazer Paulustor. Stimmen kann nur eine.

Davon abgesehen: Schon immer wieder interessant zu erleben, wie Männerfreundschaften, geschmiedet im Rausch der Macht und ihrer Verlockungen, im Schweiß des eigenen, nackten Überlebens zerbröseln und in einem Showdown von beinah shakespearehafter dramaturgischer Intensität ihr Ende finden. Das innenpolitische Ressort hat sich nicht mit Königsdramen die Nacht um die Ohren geschlagen, sondern mit dem 450 Seiten langen Geständnis des selbsterklärten Prätorianers. Substanz, Erkenntnisse und Folgen für die Beteiligten, die Koalition und das Land haben wir in einem sechsseitigen Dossier für die Zeitung und ihre Plattformen gebündelt aufbereitet.

Einen guten Start in den Tag, bleiben Sie robust, wünscht