Welche Macht hat ein Bundespräsident? Es wäre nicht Alexander Van der Bellen, würde er nicht leise lächeln, wenn er wie gestern von meinen Kollegen Stefan Winkler und Michael Jungwirth gefragt wird, ob er nicht längst hätte ein Machtwort sprechen müssen. Ob er also in einer Zeit, in der die Liste der Hiobsbotschaften täglich länger wird, nicht bereits hätte Opposition, Regierung und Länder auffordern müssen, geschlossen einen Weg zu gehen. „Ein Machtwort, das ist leicht gesagt“, antwortete er. Eine der typischen, liebenswert-großväterlichen Van der Bellen-Antworten. „Wenn das so leicht wäre“, hat er auch früher öfters gesagt, wenn ihm schwierige Fragen gestellt worden sind.

Leicht ist derzeit nichts. Auch nicht für den Bundespräsidenten, der nun als Wahlkämpfer ebenfalls versuchen muss, alle Seiten für sich zu gewinnen. Womit auch sein - als Rüge vorgebrachter - Appell bei der Eröffnung der Bregenzer Festspiele, die Regierung müsse nun „arbeiten, arbeiten“, eher dem Wahlkampf geschuldet gewesen sein dürfte und weniger seiner wirklichen Überzeugung. Er wird kaum annehmen, dass sein grüner Parteifreund und Vizekanzler Werner Kogler sowie andere Regierungsmitglieder in ihren Ministerbüros Däumchen drehen und Kaffee trinken. Und sich nicht überlegen und daran arbeiten, wie sie Gelbwesten-Demos in Österreich verhindern können - vor denen Alt-Landeshauptmann und Van der Bellen-Unterstützer Hermann Schützenhöfer im Gespräch mit dem Bundespräsidenten in unserer heutigen Ausgabe warnt. Der Staat, fordert er, müsse sorgen, dass bei steigender Teuerung der Kelomat nicht explodiere. Und Politiker, wünscht sich wiederum Van der Bellen, sollten die Dinge ansprechen und den Leuten kein X für ein U vormachen.

Was sich bei dieser Aufforderung Politiker denken werden? Sie werden sich denken, was Van der Bellen sagte: „Wenn das so leicht wäre!“ Worin sich mit Sicherheit derzeit aber alle einig sein dürften, ist die schleichende Gefahr, die sich durch die Gleichzeitigkeit der aktuellen Krisen ergibt. Zumindest dieses U dürfte allen klar sein. Und es wird manche geben, die sich davon einen strategischen Vorteil erhoffen – und darauf bauen. Im Wissen, dass wirtschaftliche Prosperität immer auch Basis demokratischer Stabilität war und ist. Fehlt sie und steigt der Druck im Kelomat, kann auch diese Stabilität bedrohliche Risse bekommen. Aber zumindest haben wir aktuell noch einen Felsen mit ziemlich großer Stabilität: unseren Bundespräsidenten.

Für den heutigen Tag ist übrigens eine stabile Wetterlage vorhergesagt. Genießen Sie ihn! Der Winter könnte heuer länger dauern als uns lieb ist!