Wie wird das ab Montag?
Wie wird das ab Montag, wenn die Maske nicht mehr der äußere Erkennungscode für Rücksichtnahme und Achtsamkeit ist, sondern zum stigmatisierenden Brandmal wird, das der Umgebung signalisiert: Achtung, da ist jemand, der ansteckend ist, aber mit Billigung der Regierung trotzdem unter die Leute darf? Selbst in Kindergärten und ab Herbst in Schulen, wenn dort infiziertes Personal seiner Arbeit nachgehen soll. Selbst im Freibad oder Lebensmittelgeschäft. Selbst in Spitälern und in Pflegeheimen, wo sich Patienten mit erhöhtem Risiko aufhalten.
Seit Tagen erklärt Katharina Körber-Risak, die neue Dorothee von Laer des Arbeitsrechts, in anschaulicher Klarheit, welche rechtlichen Verwerfungen und bizarren Situationen durch diese Schubumkehr des Corona-Managements heraufbeschworen werden. Auch heute bei uns.
Die Aufhebung der Isolation: Ein Torpedo auf alles, was bisher gegolten hat.
Wir im Verlag haben gestern auch beraten, wie wir mit dem neuen Möglichkeitsraum, der da politisch aufgestoßen wurde, umgehen sollen. Wir waren schnell durch: Wir werden ihn zu lassen. Wer positiv und ansteckend ist, aber beschwerdefrei, soll von daheim aus arbeiten, wenn er oder sie sich dazu in der Lage sieht. Beide Seiten ersparen sich so ungute Begegnungen, ungute Beklommenheiten und ungute Blicke.
Die neue Freiheit, die alle erfreuen soll, ist ein vergiftetes Bonbon. Wir rühren es nicht an.
Apropos ungute Begegnung: Der Kanzler hat die mit dem ungarischen Tabu- und Gemeinschaftsbrecher Viktor Orban auf dem roten Teppich halbwegs unfallfrei hinbekommen. Der Provokateur ließ die dosierten Distanzierungen durch den Gastgeber heiter an sich abperlen, wie unsere Ungarn-Kennerin Nina Koren in ihrer Reportage schreibt. Dunkelhäutige Gardesoldaten mussten im Spalier stramm Respekt bezeugen und sich verleugnen.
Fast zur gleichen Zeit vollzog sich gestern Abend in Paris die monströse Steigerung moralfreier Pragmatik. Knapp vier Jahre nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi ist der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman im Elysee empfangen worden. Einmal mehr bewahrheitet sich die nüchterne Formel: Zwischen Staaten geht es um Interessen, nie um Moral.
Einen schönen Tag ohne ungute Beklommenheiten wünscht