Er war ein Liebhaber des gedruckten Wortes. Ihm hafte eine Würde und Autorität an, die es aus demokratiepolitischen, kulturellen und ästhetischen Gründen zu verteidigen gelte. Kurt Kribitz, der Styria-Manager, spielte das Gedruckte und Digitale nicht kopflos gegeneinander aus. Der Kärntner glaubte fest daran, dass beide Welten, der alte wie der neue Gutenberg, auch in Zeiten alles durchdringender Digitalität komplementär Bestand haben würden. Kurt Kribitz war Geschäftsmann, kein trotziger Träumer.

Wenn die Branche in nekrophiler Lust auf Kongressen wieder einmal ein Requiem auf die gedruckte Zeitung anstimmte, konnte er aus der Haut fahren, wozu der zugewandte Humanist und Katholik sonst selten neigte. Kribitz glaubte an das Geschäftsmodell Print. Er konnte ins Schwärmen geraten, wenn die mächtigen Druckmaschinen in Graz, St. Veit (sein St. Veit) oder Zagreb vor Gästen und Schulklassen wie eine betörende Sinfonie hochfuhren. In Strategiesitzungen, an denen er als Vorstand für Druck und Logistik teilnahm, mahnte er die unausgeschöpften Potenziale der gedruckten Tageszeitung ein, auch die journalistischen. Er war ein wacher, kundiger Leser. Die Zeitung (seine Zeitung) werde redimensioniert zukunftsfähig bleiben. Sein zuversichtlicher Blick nach vorne. Es konnte sein, dass er als Zeugen internationale Fachleute zitierte, derer er nicht bedurfte: "There is still a lot of money on the table". Das erschöpfte Ich werde die Sinnlichkeit des Gedruckten als Bedürfnis wiederentdecken, vor allem an Wochenenden. Das Analoge als Zufluchtsort.

Am Prinzip Online First sei nicht zu rütteln, konzedierte Kurt bei einem von ihm angeregten Mittagessen, erfordere aber in der Binnendifferenzierung Intelligenz: Der Leitartikel Print müsse ein Solitär bleiben und dürfe nicht deckungsgleich mit dem tags zuvor publizierten digitalen Erstkommentar sein. So beschleunige man nur den Niedergang der Zeitung, das sei wirtschaftlich unvernünftig. Die Klage war in den jährlichen Budgetabnahmen einer seiner Lieblingsrefrains. Soziale Medien studierte er, hielt sich aber selbst persönlich von ihnen fern. Das Selbstdarstellerische missfiel ihm ebenso wie das ungezügelt Rohe, das Anonyme sowieso.

Im SMS-Speicher erinnern Dialog-Fetzen an den präzisen Leser und sanften Mahner: "Ein falscher Beistrich im Titel zu einem Schulthema", Jänner 2021. Der Adressat zappelte mäßig überzeugend im Netz: "Offenbar Titel nach dem Korrekturlesen spät und hastig geändert. Ärgerlich. Liebe Grüße". Eine letzte Kurznachricht würdigte die digitale Morgenpost, die er abonniert hatte. Der Newsletter legte am Höhepunkt der Wiener Inseratenaffäre die eigenen Umsätze aus ministeriellen Kampagnen offen. Kribitz, zustimmend: "Nur gnadenlose Transparenz führt aus der Vertrauenskrise". Beigefügt ein knappes Postskriptum: "OP gut überstanden. Verlasse heute die Klinik".

Kurt Kribitz verstarb gestern an den Folgen seiner schweren Krankheit. Er wurde 64 Jahre alt.

Hubert Patterer
hubert.patterer@kleinezeitung.at