Jens Stoltenberg hatte sich seine letzten Monate als Nato-Generalsekretär wohl anders vorgestellt. Jetzt findet sich der kühle und besonnene Norweger, der im Herbst einen ruhigen Job als Zentralbankchef in seiner Heimat antreten wird, plötzlich im Schnittpunkt der heikelsten Mission der Westmächte seit Jahrzehnten. Stoltenberg trifft diese Woche unter anderem Joe Biden. Der US-Präsident bricht nach Brüssel auf, wo er an gleich drei quasi parallel laufendenden Gipfeln teilnimmt: Europäischer Rat, G7 und Nato-Sondergipfel drehen sich im Grunde alle um denselben Themenkreis – die Reaktion der westlichen Welt auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Neuformatierung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Es kann als Treppenwitz der Geschichte vermerkt werden, dass ausgerechnet Donald Trump den Nato-Partnern die Hölle heiß machte, weil sie ihre Militärausgaben in den letzten Jahren weit hinter dem Zwei-Prozent-Ziel der Wirtschaftsleistung hatten zurückfallen lassen. Beim Nato-Gipfel 2018 in Brüssel schimpfte und drohte er; er treibe einen Keil zwischen die Verbündeten, hieß es. Trump beließ es nicht nur bei den Worten, er führte deshalb auch einen lähmenden Zoll- und Handelskrieg mit der EU.

Das wäre schon einmal ein Punkt, der uns diese Woche weiterbringen könnte: Je stärker die transatlantische Zusammenarbeit wird, desto eher nimmt die Gefahr von sinnlosen Zollstreitigkeiten ab.