Friedrich Schiller hatte recht: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Gemünzt auf die Ukraine ist Putin unzweifelhaft der Nachbar – er hat gestern mit der Anerkennung der Separatisten-"Volksrepubliken" den Rubikon des Völkerrechts überschritten. Aber gibt es einen Frommen? Das freiheitsliebende ukrainische Volk vielleicht. Der Westen indes machte bisher keine gute Figur.
Wie schon 2014/15 wurde das bedrängte und bedrohte Land auch diesmal hingehalten mit einer Diplomatie-Formel, die ungefähr so lautet: "Bitte bleibt weiter westorientiert, und irgendwann können wir auch über einen Nato-Beitritt reden, nur halt nicht gerade jetzt." Das ist unehrlich, denn die Wahrheit lautet: Einen Nato-Beitritt wird es auf Sicht nicht geben, er ist diplomatische Utopie. Die Ukraine hat das Pech, direkt an der Roten Linie zu liegen, die niemand gefahrlos überschreitet. Der Nato-Beitritt steht zwar in der ukrainischen Verfassung, aber vom Nordatlantik liegt man verdammt weit entfernt (wenn auch näher als die Türkei). Das Westbündnis hat in insgesamt fünf Osterweiterungen seit 1999 seinen Spielraum ausgereizt.
So droht den 44 Millionen Ukrainern ein Schicksal wie den Berlinern im Kalten Krieg: Der Westen drückt die Daumen und versorgt das Land mit guten Worten, kann und wird es aber im Fall des Falles militärisch nicht schützen. Wenigstens ist die EU geeint und willens, jetzt maximale Wirtschaftssanktionen zu setzen. Sie sind freilich der erste und auch schon der letzte Pfeil im Köcher. Denn so lange es Putin gibt, könnte niemand garantieren, dass ein Militärkonflikt nicht zum atomaren Weltkrieg entgleitet. Donezk und Lugansk sind zwei Scheinwerfer auf die Achillesferse zivilisierter Politik gegenüber gewaltbereiten Räubern. Schon wieder Schiller! Die EU muss erkennen, dass man sich Putins Politik zu lange schöngeredet hat. Im besten Fall folgt jetzt ein neuer Kalter Krieg. Trübe Aussichten!
Vitale Hoffnung auf Besseres wünscht