Von wegen Urlauber-Schichtwechsel: Laut Handelsverband ist heute der „Tag des Handels“. Das verwundert ein wenig, denn als Laie hätte man so ein Konsum-Hochamt eher im Advent vermutet („verortet“ wäre hier falsch, und „verzeitet“ gibt’s ja leider nicht). Oder an einem Monatsersten, wo die Leute noch Geld zum Verpulvern haben. Andererseits verdienen zumindest Angestellte im Februar am meisten, weil ja der Monatslohn nur für 28 Tage reichen muss.

Doch das Geld sitzt nicht mehr so locker wie früher. Corona hat unsere Kauffreude getrübt. Der Kammer-Handels-Spartenobmann zog gestern Bilanz: „Der Impulskauf ist verloren gegangen, es wird rein nach Bedarfsdeckung gekauft. Das reicht nicht für den stationären Handel.“ Der gute Mann wandelte damit den Tag des Handels zum Tag der Wahrheit, denn er beschrieb punktgenau, wenn auch ungeplant, ein Kernproblem unseres Lebensstils: Es ist unbedingt notwendig, dass wir mehr kaufen als wir brauchen. Überkonsum, Verschwendung und der Erwerb nutzloser Dinge sind also noch immer Voraussetzung unseres Systems, auch wenn in jeder zweiten Klimaschutz-Sonntagsrede (oder Samstags-Morgenpost) bedeutungsschwanger das Gegenteil angemahnt wird. Folgerichtig jagt ein Konsumanlass den nächsten. Allein der Valentinstag soll Mehrumsätze von 128 Millionen Euro bringen.

In Wahrheit benannte der wackere Funktionär unversehens die große Aufgabe, vor der wir stehen: Wir brauchen eine Wirtschaft, die auch ohne Ressourcen-Raubbau und Wegwerfwahnsinn floriert. Also nicht immer mehr vom billigen Schlechten, sondern beständig weniger vom teuren Guten. Faire Preise, mäßige Mengen, haltbare Qualität. Das wäre eine zeitgemäße Antwort auf viele Fragen - von Verkehrsinfarkt bis Flächenfraß, von Inflation bis Infektion. Wissen tun wir das eh, aber es wäre halt gut, aus Theorie Praxis zu machen. Vielleicht brauchen wir nicht nur einen Tag des Handels, sondern auch einen „Tag des Handelns“.

Vorzugsbehandlung am Samstag wünscht