Vor vielen Jahren im Urlaub in Italien gab ich dem Drängen meiner Buben und meiner kindischen Neugier nach und versuchte mich im „Soap-Soccer“. Diese originelle Variante des Fußballsports wurde auf einer am Strand aufgelegten, mit Seifenlauge bespritzten Plastikfolie gespielt. Man rutschte wie auf einem Eislaufplatz, und es bestand Helmpflicht. Mein Auftritt erschöpfte sich in zwei Ballkontakten, wobei Letzterer bereits das schmerzvolle Aus für mich bedeutete: Bei einem kurzen Sprint hob es mich gewaltig aus – der Beifall der Umstehenden signalisierte mir, dass es sich um eine spektakuläre, nicht alltägliche „Brezn“ gehandelt haben musste. Die Folge: Bruch des linken Schlüsselbeins.
Es war Samstagabend, das Krankenhaus verwaist. Ich geriet an einen freundlichen, aber keineswegs orthopädisch geschulten Arzt. Vielleicht war er ein guter Gynäkologe, beim Anlegen des Tornisterverbandes erweckte er in mir jedoch kein allzu großes Vertrauen, da er zusammen mit seinem Assistenten minutenlang über dem Beipacktext grübelte. Beim Abschied beschwor er mich geradezu händeringend, am Montag einen Spezialisten aufzusuchen. Was ich auch tat – zusammen mit meiner Frau, die mich chauffieren musste, und meinen Kindern, die wir nicht allein auf dem Campingplatz zurücklassen konnten.
Im Spital bot sich uns ein gewaltiges Schauspiel. Auf dem Weg zur Orthopädie wimmelte es von so vielen Menschen, dass ich nicht damit rechnete, jemals eines Arztes ansichtig zu werden.
Doch dann passierte das Wunder: Wenn ein Name aufgerufen wurde, verschwand der Patient im Pulk unzähliger nah und entfernt Verwandter jedes Alters im Behandlungszimmer. Nach vier Stunden trat ich schließlich mit meiner Hausmacht ermattet, aber glücklich vor den „Specialista“, den mein Anblick sichtlich erheiterte. Der Grund: Sein Kollege hatte mir den Verband verkehrt herum angelegt.
Clavicola rotta, das gebrochene Schlüsselbein, bedeutete eine Zäsur in meinem Vaterleben, nämlich die bittere Erkenntnis, den Zeitpunkt meines Rücktritts als Fußballer glatt übersehen zu haben.
Gottfried Hofmann-Wellenhof