Ist es wirklich so lange her, dass unsere damals elfköpfige Familie in einem Bus Platz fand? Als wir vor Kurzem im Konvoi in den Süden aufbrachen, waren wir, auf fünf Kleinwagen aufgeteilt, 21 Personen und drei Hunde. Astrid und ich fuhren kinderlos, nur unsere kleine Hündin Happy lag zufrieden auf der Rückbank. „Kannst du dich noch erinnern, wie es früher war?“, unterbrach meine Frau das Schweigen. Wir waren noch nicht einmal auf der Autobahn, da fragte Klemens zum ersten Mal: „Wie lange fahren wir noch?“ Bis zu unserem Zeltplatz waren es noch rund zwölf Stunden. Als wir am Wörthersee vorbeikamen, fragte Anna erwartungsvoll: „Ist das schon das Meer?“ Kurz vor der Grenze wollte Jakob wissen: „Sind wir bald da?“ – „Wann sind wir endlich da?“, fragte Nikolaus in Tarvis. „Wann sind wir endlich da?“, fragte Benedikt in Udine. „Wann sind wir endlich da?“, fragte Dominik in Ferrara.
Es war heiß im Wagen, die Stimmung angespannt. Nur meine Frau war guter Laune, sagte Kinderreime auf, reichte Wasserflaschen nach hinten und musste ständig CDs wechseln. Beatles raus – Stones rein, Stones raus – Beatles rein. „Wann sind wir endlich da?“, fragte Benedikt bei Bologna, ich log schamlos: „In einer Stunde.“ Über den Apennin wollten die Kleinen das Märchen vom Rotkäppchen hören. Als zum dritten Mal der Wolf die Großmutter fraß, dachte ich: „Wann sind wir endlich da?“ Jakob (6) konnte Rotkäppchen nun auswendig und brüllte mir das unsterbliche Märchen der Gebrüder Grimm ins linke Ohr, in mein rechtes Mick Jagger „Satisfaction“.
Es war 12 Uhr Mittag, die Temperatur im Bus kletterte auf 45 Grad. Meine Augen brannten, die Hitze flirrte. „Warum hast du so große Augen? ... Satisfaction … Wann sind wir endlich daaa???“ Vor mir blau, nichts als blau – Himmel oder Meer – ich fahre einfach drauflos. Das Blau kommt näher, immer näher. „Wir sind da!“ Wie in Trance schlug ich die Heringe unserer Zelte ein und schlief zwölf Stunden durch. Meine Frau allerdings will gehört haben, dass ich im Schlaf immer wieder ges
Gottfried Hofmann-Wellenhof