Während in meiner Kindheit der Vatertag nie gefeiert wurde (mein Vater tat diesen als müden Abklatsch des Muttertages ab), lassen es sich meine Kinder nicht nehmen, mich zu beschenken. Mein Vater war gütig und verständnisvoll und akzeptierte, dass Erziehung immer wieder an Grenzen stößt. Gerne zitierte er aus Goethes „Hermann und Dorothea“ folgende Verse, die heute wohl genauso wahr sind wie vor mehr als 200 Jahren: „Denn wir können die Kinder nach unserem Sinne nicht formen. So wie Gott sie uns gab, so muss man sie haben und lieben.“
Auch wenn ich einiges anders gemacht habe als mein Vater, bleibt er mir in vielem ein Vorbild. Manchmal denke ich darüber nach, wie mich meine Kinder als Vater sehen. Eines wünsche ich mir vor allem: dass sie wissen, dass ich sie alle gleich liebe und mich ehrlich bemüht habe (und weiterhin bemühen werde), für sie da zu sein und ihren Bedürfnissen nach Zuwendung und Aufmerksamkeit gerecht zu werden. Ich glaube, man kann die Zeit, die man mit jedem seiner Kinder verbringt, einfach nicht so gerecht aufteilen wie eine Schachtel Zuckerln. Auch hat mich die Erfahrung gelehrt, dass mich nicht jedes meiner Kinder in gleicher Weise braucht. Dennoch versuche ich hellhörig zu bleiben für die oft verschlüsselte Botschaft: Papa, bin ich dir wirklich wichtig?
Das Vater-Sein ist kein Geschäft, das man so nebenher erledigen kann. Für mich ist es die schönste und zugleich schwierigste Aufgabe im Leben eines Mannes. Kein beruflicher Erfolg, kein öffentliches Lob könnten mir mehr bedeuten als jene Zeilen, die mir meine jüngste Tochter anlässlich meines Geburtstags schrieb: „Mein Körper redet auch./ Manchmal mehr noch als mein Kopf./ Nicht mehr spüren, nur mehr reden./ Zwei Meter Abstand, immer mit Masken./ Ich sprach und hörte und schaute./ Doch in mir lag eine Leere, eine Kälte, ein dunkles Gefühl./ Denn nur Worte sind nicht genug./ Du lächeltest und nahmst mich in den Arm./ Die Einsamkeit, die Stille wich dem Gefühl der vertrauten Geborgenheit./ Nie werde ich sie vergessen, die Umarmung meines Vaters.“
Gottfried Hofmann-Wellenhof