Damit hat niemand gerechnet. Völlig überraschend für Freund und Feind – innerparteilich ist da nicht immer leicht zu differenzieren – hat Pamela Rendi-Wagner einen Paukenschlag gesetzt. Ohne die roten Parteigranden vorab einzuweihen, kündigte die SPÖ-Chefin an, dass sie die Vertrauensfrage stellen wolle – allerdings nicht innerhalb der ehrwürdigen Gremien der SPÖ, also Parteipräsidium, Parteivorstand, Bundesparteitag, wie das in den letzten 120 Jahren gehandhabt worden wäre. Die Basis, die rund 160.000 Mitglieder sollen über ihre Zukunft als Parteichefin befinden. Wenn das nicht Ausdruck eines tiefen Misstrauens gegenüber der Parteihierarchie ist?
Auf den ersten Blick ist es ein durchaus mutiger Schritt. Niemand vermag zu sagen, wie das Votum ausgeht – abgesehen von der Frage, ob 50,1 Prozent politisch (nicht rechnerisch) für einen Vertrauensvorschuss ausreichend wären. Der Papierform nach dürfte Rendi-Wagner – auch mangels Gegenkandidat – die Urabstimmung klar gewinnen. An der Basis scheint ihr Rückhalt ein größerer sein als in den vielfach verstaubten Gremien, wo jedes Mitglied nicht nur das Wohl der Gesamtpartei, sondern seine eigene Agenda im Blickfeld hat - erinnert sei nur an Hans-Peter Doskozil oder Georg Dornauer. Dass die Parteigranden eigene Spielchen spielen, kennt man nur zu gut aus der jüngeren Historie der ÖVP.