Zu Fuß ist er mit schwarzer Reggae-Haube von seiner Wohnung in der Bartensteingasse herübergekommen in die Wiener Redaktion am Lobkowitzplatz, vorbei am Punschkessel und den Maroni, die am Eingang zur Begrüßung warten. Salongespräch mit Klaus Maria Brandauer im improvisierten News-Cafe, wo tagsüber die Digital-Truppe an den Podcasts und am Memo Wien-Newsletter bastelt, mit vielen dichtgedrängten Zuhörern und nächtlichem Blick auf die beleuchtete Albertina.
Hermann Schützenhöfer und Franz Voves sind auch da und doch dieses Mal einige Stühle voneinander entfernt. 2013 haben sie als singendes Duett dem berühmten Sohn der Steiermark, dem „ewigen Heimkehrer“, den höchsten Landesorden verliehen. Brandauer kam in Ausseer Tracht, mit Tränen in den Augenwinkeln nahm er die Auszeichnung entgegen. Jetzt spricht er über diese Bindung und den Zauber, der von der Region ausgehe: „Der Loser, die Trisselwand, der Dachstein, das ist meine erstgeschaute Landschaft.“ Auf rätselhafte Weise verbandelt sei er mit der Gegend, „das ist geradezu lächerlich, kleinkariert“. In ihm sei eine Mischung aus Provinz und Welt. Im Zweifel für die Welt, sagt der 76-Jährige, „aber die ganze, wenn es geht“. Ganz genau wüssten die Leute ohnehin nicht, was er in Wien so mache, natürlich wissen sie es, aber der Ruhm ist ihnen keine Kategorie, eine gewisse Trink- und Standfestigkeit schon. „Fährst wieder in die Stadt Leut foppen?“, habe der Oberförster den Aufbrechenden gefragt, und ein anderes Mal: „Hast no net den Bambi?“ Und als ihn der Brandauer dann gehabt hat, den Bambi, hat er ihn vor Millionenpublikum dem Oberförster gewidmet. So läuft das mit den Ausseern.
Brandauer spricht über die Politik und die „Bandenkriege“ der letzten Jahre, als er gefremdelt habe in der entzweiten Heimat, über seine Erwartungen an Schwarz-Grün, über Peter Handke, den Gefangenen und Freund, und er spricht über Filmpartnerin Meryl Streep und jene Szene in „Out of Africa“, wo er, der Hallodri und verlassene Ehemann, heimkommt und der Frau in die Stille hinein die Nachricht vom Tod des Geliebten überbringt. Für solche Momente der Intensität, die das ganze Sein ausleuchten, sei er Schauspieler geworden. Er müsse schmunzeln, wenn er daran denke, wie er an den Wochenenden vom Set in Afrika zurück nach Wien an die Burg gependelt sei und sich alle nach seiner Bräune erkundigt hätten. Es war die Zeit des großen Pendelschlags zwischen Weltruhm und Wiener Schauspielkunst, zwischen Hollywood und Hamlet. Shakespeare: Wenn es eine Rolle gab, von der er über das Dasein und Menschsein was gelernt habe, und wenn es eine Rolle gab, die ihn wirklich durchdrungen habe, dann diese. „Er ist kein Einfacher“, hat die Streep vor kurzem in einem Interview über die Arbeit mit Brandauer gesagt, „aber was für ein großartiger Schauspieler und Künstler!“