Die Hoffnungen der Kanzlerpartei waren trügerisch, nach Wahlschluss platzte der Traum vom Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Freiheitlichen wie eine Seifenblase. Am Wahlsieger gibt es nichts zu rütteln: Die FPÖ schafft in diesem Wahlkampf einen Start-Ziel-Sieg, und Parteichef Herbert Kickl ist, fünf Jahre nach dem Ibiza-Skandal, ihr Mann der Stunde.

Kanzler Karl Nehammer konnte die absehbare schwere Niederlage, anders als noch bei der EU-Wahl im Juni, nicht in erträglichen Bahnen halten. Und die SPÖ mit Andreas Babler erlebt eine weitere bittere Stunde. So hat es der Souverän der Republik, die Wählerinnen und Wähler, in relativer Mehrheit entschieden.

Eine ganz andere Frage ist es, was die Parteien aus diesem Wahlergebnis machen. Für eine stabile Regierung benötigt es eine absolute Mehrheit im Parlament. So viel ist sicher: Es werden lange und harte Verhandlungen.

Schlüsse ziehen

Aber zuerst müssen die Parteien für sich selbst aus diesem Ergebnis ihre Schlüsse ziehen. Der ÖVP hat ihre Geschlossenheit nach dem Abgang von Sebastian Kurz nichts geholfen. Ein Budget in Schieflage und ein anhaltender Verlust der Wettbewerbsfähigkeit sind das Erbe einer siebenjährigen Kanzlerschaft der Volkspartei. Karl Nehammer konnte in keinem Moment so etwas wie politisches Charisma und Führungsstärke in schweren Zeiten vermitteln.

Mindestens so kritische Fragen muss sich die SPÖ stellen. Als stärkste Oppositionskraft muss sie zusehen, wie fast alle Proteststimmen gegen eine unpopuläre türkis-grüne Regierung zur hart rechtspopulistischen FPÖ wandern. Der Partei fehlte bis zum Schluss jene Einigkeit, die die Wähler von einer potenziellen Kanzlerpartei erwarten. Und Spitzenkandidat Babler fehlte die Breite, um über seine eifrigsten Fans hinaus zu strahlen.

Die Wahlen sind geschlagen, aber eine vielversprechende Zukunftsperspektive für das Land ist an diesem Abend nicht in Sicht.

Walter Hämmerle im Interview