Diese Zeitung hat das erstmalige Bündnis zwischen ÖVP und Grünen der Volkspartei als ideengeschichtliches Experiment erwartungsfroh befürwortet. Wir billigten der Koalition avantgardistischen Charme zu, gehe es doch um den Versuch, die Gegensätzlichkeit zweier Weltbilder zu überwinden. Ökonomische Vernunft und ökologisches Handeln dürften einander nicht länger ausschließen, beides gehöre zusammengedacht. Die Pole taugten nicht zur Feindbildpflege. Für die Grünen eröffnete sich die Chance, wirtschaftlichen Sachverstand in ihren Markenkern zu integrieren. Und für die ÖVP, Zöpfe zu kappen und das Wirtschaftsaffine um jene Kategorie zu erweitern, die heute kein moderner unternehmerischer Kopf anzweifelt: ökologisches Bewusstsein. Der brachial entglittene Konflikt der Regierungsparteien um die Verordnung zur Wiederherstellung beanspruchter Natur, die die Umweltministerin im Alleingang europäisches Gesetz werden ließ, hat die Gründungserzählung der schwarz-grünen Verbindung nachhaltig demoliert. Da wurde mehr zunichtegemacht als nur Vertrauen. Die Ursprungsidee der ideologischen Konvergenz („das Beste beider Welten“) ist diskreditiert. Und mit dem Bruch auch Errungenschaften wie die ökologische Steuertangente oder das Klimaticket. Die Koalition selbst ist nicht mehr renaturierbar.