Die meisten von uns sind eh schon im haltlosen Fußballtaumel, und jener andersgläubigen Minderheit, die sich für diesen Ballsport nicht einmal passiv interessiert, darf ich exklusiv mitteilen: Die Fußball-Europameisterschaft hat begonnen. Aus unserem erfolgsverwöhnten Team (da meine ich jetzt bitte unsere Redakteure, nicht die Kicker) bin ich vermutlich der am wenigsten Geeignete, um Näheres kundzutun, denn Fußball ist so ähnlich wie Englisch. Ein bissl was davon versteht man bald, aber wenn man die Sache mehr als nur landläufig durchdringen will, wird es schnell erstaunlich kompliziert. Außerdem bin ich so erzogen, dass bei aller Begeisterung ein Spiel doch immer nur ein Spiel bleibt, und damit bin ich für die in dieser Disziplin übliche, bedingungslose Hingabe ungeeignet.
Trotzdem gebe ich gerne ein paar Einschätzungen zum Besten. So bin ich fest davon überzeugt, dass das „scharfe ß“ auf der normalen Tastatur nur wegen des Fußballs überlebt hat. Die paar anderen Wörter, in denen es sonst noch vorkommt, wären eine viel zu schwache Lobby für den Zusatzbuchstaben gewesen. Fußball ist also ein kultureller Faktor, und das gilt zum Beispiel auch für seine unverzichtbare Funktion zur Bildung von Gruppenidentität und Nationalstolz in zivilisationsverträglicher Form. Man hofft zumindest immer, dass der Fanatismus der phantastisch Fanatischen die sozial akzeptierte und akzeptable „Sommermärchen“-Intensität nicht überschreitet.
Profikicker wollen ja viele Kinder werden, früher nur die Buben, heute auch die Mädchen. Aber nur wenige schaffen es, und somit illustriert dieser Sport auch eine gerne verdrängte Wahrheit: Nicht jedem steht jeder Berufsweg offen, weil man nämlich für Spitzenleistungen neben Fleiß und Förderung auch Begabung braucht. Es eignet sich also nicht jeder für alles. Denn sonst wäre ich auch gerne Mittelstürmer bei Real Madrid geworden.
Aber ich will Ihnen jetzt hier dieses Fest nicht mit politischer Instrumentalisierung vermiesen, ich meine, ich heiße ja nicht Andi Babler. Das ist jener Mann, der im EM-Windschatten eine Petition „Fußball zurück ins Free-TV“ gestartet hat. Das ist komisch, weil er mit „Free-TV“ offenbar den ORF meint. Der ist bekanntlich das Gegenteil von „free“, weil ihn auch eingefleischte Nichtzuseher zwangsweise per Haushaltsabgabe dotieren. Von der oft beschworenen Unabhängigkeit des ORF dürfte Babler auch nichts halten, sonst mischte er sich ja nicht per Petition in die Programmgestaltung ein. Hoffentlich fragt er wenigstens nicht ab, ob die Leute auch Wahlkampf-Liveübertragungen im „Free-TV“ wollen. Fußballphilosophisch bleibt die Frage, ob man auch bei einem Eigentor abstauben kann.
Das sollen bitte die beantworten, die mehr davon verstehen.
Rundes im Eckigen wünscht