Ihre Morgenpostlerin ist kurz vor dem Jahreswechsel noch dem totalen Trend erlegen und hat zum zweiten Mal Corona ausprobiert. Das Fieber kam diesmal mit komplettem, kekskillendem Geschmacksverlust – und war saisonfigürlich recht praktisch, da alles wie getragene Socken roch. Doch davon einmal abgesehen, spielte Covid-19 auch in der Wiederholung kein besseres Programm und sollte endlich von der Bildfläche verschwinden.
Letzteres dachte sich wohl auch der Kanzler, als er drei Tage vor Weihnachten die Corona-Bilanz über die Regierungsentscheidungen – erhoben von der Akademie der Wissenschaften – präsentierte. Im Februar des Vorjahres hatte Karl Nehammer noch einen „großen Versöhnungsprozess“ angekündigt, bei dem „alles aufgearbeitet“ werden sollte, von der Impfpflicht über die Ausgangssperren bis hin zu den Hilfsgeldern. In der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz so knapp vor dem Heiligen Abend war von einer grundlegenden Ausleuchtung der Pandemiejahre allerdings wenig zu spüren. Auffälliger war da schon das Fernbleiben des in der Sache zentralen Gesundheitsministers. Johannes Rauch sah sich an diesem Tag unabkömmlich, weil zeitgleich der Bundesrat die kurz zuvor vom Nationalrat beschlossene Gesundheitsreform beriet. Ein günstiges Timing, denn so blieb die Kritik an den umstrittenen Maßnahmen der Bundesregierung vorrangig an Nehammer hängen, der im Bericht auch für die Mängel in der Kommunikation verantwortlich gemacht wurde.
Vielleicht hat Rauch damit spekuliert, dass sich die Aufregung rasch legen werde – kurz vor Weihnachten frönt man schließlich anderen Befindlichkeiten, als sich über die vergangenen Corona-Maßnahmen zu ärgern. Sicher war es aber das Kalkül Nehammers, den Termin der Präsentation so zu wählen, dass niemand mehr nachfragt, ob dieser Kurzauftritt nun die im Frühjahr dramatisch versprochene „Versöhnung“ der gespaltenen Bevölkerung gewesen sei.
Die Runde ist ihm zwar erspart geblieben, ganz aus dem Schneider ist der Gesundheitsminister aber trotzdem nicht. Ein neues Epidemiegesetz, das er im abgelaufenen Jahr eigentlich fix und fertig vorlegen wollte, schlummert noch immer in Aktenordnern des Ministeriums. Das aktuell gültige Regelwerk ist de facto unbrauchbar, es stammt aus 1913 und somit einer Zeit, als Österreich eine Monarchie war. Mit dem überarbeiteten Gesetzestext muss Rauch nun also Heikles wie Ausgehverbote, Impfkampagnen, Meldepflichten, Betriebsschließungen und Entschädigungszahlungen endlich in einen zeitgemäßen Rahmen gießen.
Denn auch wenn Covid-19 seinen Schrecken weitgehend verloren hat und zum lästigen Erkältungsvirus degradiert wurde, sollten die Nebenwirkungen neuerlicher oder einander überlappender Krankheitswellen nicht länger unterschätzt werden. Corona geht zwar gerade von der großen Bühne ab, doch Influenza wartet als nächste Vorgrippe schon auf ihren Auftritt.
Einen virenfreien Sonntag wünscht Ihnen deshalb