Meuterei vor der Bounty (die betroffene Fähre hieß natürlich anders): Der deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck geriet an der Nordseeküste in Bedrängnis, als Wutbauern den Grünen sehr eindringlich am Verlassen seiner Fähre hinderten und den Anleger in Schlüttsiel im Kreis Nordfriesland blockierten. Abgepasst wurde Habeck bei der Rückkehr aus seinem Urlaub.
Die Situation heizte sich derart auf, dass Dutzende Polizisten ausrücken und am Ende auch Pfefferspray einsetzen mussten. Hintergrund waren im Wesentlichen von der Ampel-Koalition geplante Subventionskürzungen. Ein Vorfall, der im sich zivilisiert nennenden Europa schaudern lassen sollte: Basisdemokratischer Bürgerunmut sei erlaubt, angedrohte oder umgesetzte Gewalt aber hat mit friedlichem und sachorientiertem Protest in einer lebendigen Demokratie rein gar nichts zu tun.
Axel Meynköhn, Geschäftsführer der Reederei, ist voll auf Linie mit dem Kapitän der Fähre, der kurz vor dem Anlegen wieder den Befehl zum Umkehren gab: „Wenn diese Entscheidung eine Minute später getroffen worden wäre, dann wäre die Fähre gestürmt gewesen.“ Er wisse von der Besatzung, dass Leute noch hinübergesprungen wären, wenn das Schiff nicht bereits zu weit weg gewesen wäre: „Sonst wäre der Mob an Bord gewesen, mit nicht auszudenkenden Folgen.“
Habeck versucht den Staatskahn in ökonomisch unwägbaren und klimatisch kritischen Zeiten zu navigieren und ist dabei – wie die Ampel insgesamt – vor Fehltritten wahrlich nicht gefeit. Einem Bundesminister aggressiv aufzulauern (der Tatbestand des Landfriedensbruches wird geprüft, es riecht aber auch nach Nötigung), ist auf der anderen Seite nichts anderes als Verrohung, mit der die Betroffenen am Ende vor allem der Sache schaden. Der Bauernverband distanzierte sich von den Akteuren, das Problem ist aber ein noch tiefergehendes.
Pöbeleien scheinen ein Symptom der Zeit, der respektvolle Diskurs ist zu einem Gutteil längst abgemeldet. Prinzip Dreschflegel, angewendet nicht zuletzt auch in Österreich. Der Schritt zu tatsächlicher Gewaltanwendung ist dann womöglich kein allzu weiter mehr – man muss dabei nicht erst an die USA und den Sturm auf das Kapitol denken. Umso erbärmlicher war die Eskalation, als ein von Habeck spontan gemachtes Gesprächsangebot mit einzelnen Landwirten ausgeschlagen wurde.
Demokratie, quo vadis?