"Ich weiß nicht, wie sie denken können, dass wir schweigen werden": Bereits vor der Ausstrahlung des "intimen" Gespräches mit US-Starmoderatorin Oprah Winfrey (siehe Infobox) darf das als Überschrift gelten: Harry und Meghan, die flüchtigen Sussexes, rechnen im dauerhaften Exil Kalifornien mit Fesseln und Zwängen ihrer abgestreiften Existenz im Vereinigten Königreich ab. Es rumpelt gewaltig im golden Käfig der Windsors.
Queen Elizabeth II. (94) ging im Vorfeld natürlich nicht direkt darauf ein, wird aber wohl in ihrer mit mehr Spannung als sonst erwarteten Rede im Rahmen einer Sondersendung zum Commonwealth-Tag im Fernsehen auftreten und allgemein Zusammenhalt beschwören. An ihrer Seite die vorderste, noch verbliebene Reihe der Senior-Royals (mit Ausnahme von Skandal-Queen-Sohn Andrew, 61, und Queen Tochter Anne, 70): Sohn und Thronfolger Prinz Charles (72) nebst Gattin Herzogin Camilla (73), der getreue Enkelsohn Prinz William (38) und dessen Gattin Herzogin Catherine (39), daneben Gräfin Sophie von Wessex (56), Ehefrau von Queen-Sohn Prinz Edward (56).
Das Timing der nun in einer 12-Millionen-Euro-Villa in Montecito im Osten Santa Barbaras (das Haupthaus mit rund 1300 Quadratmetern Wohnfläche und neun Schlafzimmern steht auf einem drei Hektar großen Grundstück) Logierenden war in der Wahrnehmung des britischen Volkes verheerend: Als der 36-Jährige Harry und seine 39-jährige Gattin ihren finalen Rückzug aus allen royalen Verpflichtungen bekanntgaben, wurde Queen-Gatte Prinz Philip (99) in eine Londoner Krankenhaus eingeliefert. Mittlerweile wurde Harrys Großvater als Folge einer Herzerkrankung operiert und wird noch im Spital liegen, wenn die "Sussexes" das Königshaus und wofür es steht, im Fernsehen in seine Einzelteile zerlegen.
Das einmal mehr ins Wanken geratene Königshaus setzt seinerseits auf präventives Störfeuer und stellte in den Raum, dass es Mobbings seitens der Prinzengattin gab: Wenige Tage vor dem großen TV-Interview kündigte der Buckingham-Palastes an, entsprechende Vorwürfe ehemaliger Angestellter gegen die Herzogin untersuchen zu lassen. Tatsächlich gab es 2018 und 2019 eine auffällige Fluktuation im engeren Umfeld von Harry und Meghan. Botschaft: Wer das Königshaus, das einen zuerst nährte, aus der Ferne in den Schwitzkasten nimmt, möge zuerst seine eigene moralische Integrität überprüfen. Replik der Sussexes: "Schmutzkampagne!"
Er habe seine Familie schützen müssen, sagte Harry jüngst dem Moderator James Corden. In einem vorab aus dem Interview mit Oprah veröffentlichten Happen betont Harry: "Meine größte Sorge war, dass sich die Geschichte wiederholen könnte" - eine deutliche Anspielung auf den Tod seiner Mutter Diana, die 1997 in einer Treibjagd von Paparazzi verfolgt bei einem Verkehrsunfall in Paris starb. Seit jeher kritisierte der Herzog von Sussex die für allerlei Brutalitäten gute britische Klatschpresse. Dass er dann samt Familie auf der Flucht vor dieser die Seiten des Ozeans wechselt und zusammen mit seiner Frau der bekanntesten Talkshow-Moderatorin der Welt ein Interview gibt, geht für viele Briten nicht zusammen. Rückzug aus dem Rampenlicht, das jede Privatsphäre eliminiert - und dann zu Oprah?
Viele erinnern die aktuellen Querelen an die Schlammschlacht zwischen Prinzessin Diana und dem britischen Königshaus bzw. ihrem Ex-Gatten Prinz Charles, zu der es in 1990er-Jahren kam. Vergleichen lässt sich das trotzdem nur bedingt: Damals war es eine von Beginn an dysfunktionale Ehe, zu einem Gutteil inszeniert, mit schnell sichtbaren Bruchstellen und einer Dritten im Bunde: Charles' Jugendliebe Camilla Parker Bowles. Am 20. November 1995 sagte Diana im mittlerweile historischen BBC-Interview mit Martin Bashir: "Nun, wir waren zu dritt in dieser Ehe, also war es ein bisschen überfüllt." Nun heißt es: Der Prinz und seine Gattin gemeinsam gegen das Königshaus - und alles wofür es gemeinhin steht.
"Ich verstehe nicht, wie sie nach all dieser Zeit erwarten können, dass wir noch immer still bleiben, wenn die Firma (so bezeichnen auch einige Royals das Königshaus, Anmerkung) eine aktive Rolle dabei spielt, Unwahrheiten über uns aufrecht zu erhalten", lässt Meghan im Oprah-Interview wissen: Der Unterhaltungswert dürfte gesichert sein - und jeder daran Interessierte muss nicht einmal "The Crown" dafür einschalten, um genüsslich in royalen Schlamm einzutauchen.