"I'm not a quitter!" (Ich gebe nicht auf!), ruft Madonna in die Menge von knapp 20.000 Menschen in der Londoner Veranstaltungshalle O2. Die US-Popikone hat am Samstag mit einem Konzert in der britischen Hauptstadt den Auftakt zu ihrer Welttournee "The Celebration Tour" gegeben. Es ist gleich in zweifacher Hinsicht eine Jubiläumstour. Denn die Ausnahmekünstlerin ist heuer 65 geworden und es ist 40 Jahre her, dass sie mit dem Song "Holiday" ihren großen Durchbruch schaffte.
Doch die "Queen of Pop" hatte heuer mit Rückschlägen zu kämpfen. Den eigentlich für den Sommer geplanten Tournee-Auftakt in Kanada musste sie wegen einer schweren bakteriellen Infektion verschieben. "Ich dachte nicht, dass ich es schaffen würde", sagt sie im Rückblick darauf.
Doch sie hat es geschafft. Und anders als einige Kommentatoren bereits prophezeiten, sieht es nicht danach aus, als wäre Madonna am Ende ihrer Bühnenkarriere angelangt. Zwar kämpft sie während der Show zeitweise mit technischen Problemen, doch so wie sie mit ihren Background-Tänzern über die Bühne wirbelt, wird klar: Madonna kann immer noch tanzen, Madonna kann immer noch singen und Madonna kann immer noch sexy sein.
Madonna wirkt verletzlicher als früher
Anfang des Jahres hatte ihr Aussehen bei der Verleihung des Grammy-Awards mit stark geschwollenen Wangen, Stirn und Lippen noch Besorgnis ausgelöst. In London scheint sie wieder ganz die Alte: lange Beine, wasserstoffblondes Haar und die bekannten Gesichtszüge. Doch der Mensch Madonna, der immer wieder über Startschwierigkeiten als Künstlerin, ihre Eltern, ihre Kinder und auch über den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern spricht, wirkt verletzlicher als früher.
Aufwendige Kostüme, die sich an früheren Outfits orientieren sowie kunstvolle Choreographien machen die Show zu einem Fest für die Augen. Madonna schwebt mal in einem riesigen Bilderrahmen meterhoch über den Zuschauern, mal lässt sie sich in einen Berg scheinbar nackter Leiber sinken.
Riesige Projektionsflächen und dreidimensionale, bewegliche Elemente verwandeln den Raum innerhalb von Sekunden: Bei dem Hit "Like A Prayer" von 1989 sieht die Bühne aus wie eine Mischung aus mittelalterlichem Altargemälde und Sado-Maso-Verlies. Bei "Don't Tell Me" aus dem Jahr 2000 wirkt der riesige Raum wie eine Prärie mit scheinbar durch die Halle galoppierenden Mustangs.
Die Fans zeigen sich begeistert - auch ohne Live-Musik
Live-Musik gibt es bei der Show allerdings kaum. Lediglich ein paar Mal wird Madonna von Instrumenten begleitet, wie beim Song "Bad Girl", bei dem ihre Tochter Mercy am Flügel sitzt. Mehrmals greift Madonna selbst zur Gitarre. Doch eine Band ist nicht unter der 200-köpfigen Tournee-Crew.
Eine Zuschauerin, die sich in ein von Madonna inspiriertes pinkes Outfit geworfen hat, fühlt sich eher wie in einer West-End-Show als in einem Konzert, wie sie sagt - aber begeistert ist sie trotzdem. Madonna gehe ein bisschen unter in dem ganzen Spektakel, meint ein Mann, der sich damit rühmt, bisher alle ihre Shows live gesehen zu haben.
Ian Champkins, ein 57-jähriger Bankmitarbeiter, der mit seinem Mann Dean extra aus Cornwall angereist ist, um Madonna live zu sehen, findet, die "Queen of Pop" habe mal wieder allen ihren Kritikern "den Mittelfinger gezeigt". Die technischen Probleme mit dem Soundsystem habe sie hervorragend überspielt, meint er, und es passe auch zu Madonna, dass sie bei Widrigkeiten sage: "Jetzt erst recht!"
Richtiggehend in der Hand hat Madonna die Menge bei "La Isla Bonita" (1987). Als das Konzert mit dem im Jahr 2000 veröffentlichten Song "Music" auf einen rasanten Höhepunkt zusteuert, endet es aber beinahe abrupt. Fazit dürfte trotzdem sein, dass die mit rund 330 Millionen verkauften Tonträgern kommerziell erfolgreichste Sängerin eine Größe bleibt, mit der man weiterhin rechnen muss.
Die "Celebration Tour" führt Madonna durch zwölf Länder in Europa und Nordamerika, allerdings nicht nach Österreich. Von den 78 geplanten Konzerten sollen vier in Deutschland stattfinden. Am 15. und 16. November tritt Madonna in Köln auf, am 28. und 29. November wird sie in Berlin zu sehen sein.
Christoph Meyer/dpa