Der Wagner-Tenor Stephen Gould ist tot. Er wurde 61 Jahre alt. "Wir sind fassungslos und in tiefer Trauer. Unsere Gedanken sind mit seiner Familie und seinen Freunden", teilte seine Künstler-Agentur am Mittwoch mit. Gould sei am Vortag gestorben. Erst vor wenigen Wochen hatte der US-Amerikaner eine schwere Krebs-Erkrankung öffentlich gemacht.
Eigentlich war Gould bei den diesjährigen Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth im Sommer für drei große Partien eingeplant gewesen, einmal mehr hätte er als Wagners Marathon-Mann brillieren sollen. Jedoch hatte er aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Ende August gab er dann zunächst sein Karriere-Ende bekannt, wenig später folgte die Nachricht über die schwere Krankheit. Es gebe keine Chance auf Heilung, hatte er Anfang September erklärt.
Die Bayreuther Festspiele reagierten "fassungslos" auf den Tod des beliebten Sängers: "Mit ihm verlieren die Bayreuther Festspiele und die gesamte Opernwelt einen herausragenden Sänger, Darsteller, Pädagogen, Freund und geschätzten Kollegen."
Dem Festival war Gould eng verbunden. Er debütierte hier vor 19 Jahren als Tannhäuser. Bis 2022 sang er hier fast 100 Vorstellungen und avancierte schnell zum Publikumsliebling am Grünen Hügel. Häufig sang er auch die Titelpartie in "Tristan und Isolde", die als besonders herausfordernd gilt. Als Tristan war er in Bayreuth erstmals 2015 zu hören, es war die Inszenierung von Festspiel-Chefin Katharina Wagner, es dirigierte damals Christian Thielemann.
2022 sagte Gould dem Sender BR Klassik: "Ein Sprinter bin ich nicht. Eher ein Langstreckenläufer. Es ist schade, dass in unserer Welt mit Tik-Tok alles in kürzester Zeit passieren muss. Wagner ist keine Oper, ist kein Entertainment. Es ist eine Meditation, ein Mantra."
Bayreuther "Iron Man"
Zudem glänzte er im vergangenen Jahr beim ersten Festspiel-Open-Air in Bayreuth und bekam großen Jubel nicht nur für Ausschnitte aus Wagners Werk, sondern auch für das Lehár-Lied "Dein ist mein ganzes Herz". Gould erarbeitete sich einen Ruf als Bayreuther "Iron Man", weil er so viele lange Partien dort sang. "Seine bemerkenswerte Kondition, unbändige Neugierde und höchste Professionalität, auch im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen, zeichneten ihn aus", schrieben die Bayreuther Festspiele in ihrem Nachruf. "Wir danken Stephen Gould für die vielen unvergesslichen Abende bei den Bayreuther Festspielen, die er uns mit seiner einzigartigen Stimme und seiner grandiosen Bühnenpräsenz schenkte. Wir werden ihn unwahrscheinlich vermissen, Teil der Festspielfamilie wird er für immer bleiben."
Auch die Wiener Staatsoper zeigte sich tief betroffen. "Das Haus am Ring hat dem weltweit gefeierten Tenor und vom ganzen Haus geschätzten Künstler die heutige Vorstellung von "Tristan und Isolde" gewidmet", hieß es in einer Aussendung. An der Wiener Staatsoper debütierte Gould 2004 als Paul in einer Premiere von "Die tote Stadt" und war in weiterer Folge in den großen Wagner-Partien seines Fachs zu erleben. Insgesamt stand er demnach in 105 Staatsopernvorstellungen auf der Bühne. 2015 wurde Gould zum Österreichischen Kammersänger ernannt.