Musik-Legende Tina Turner ist tot. Die in den USA geborene Sängerin und Schauspielerin, die aus einfachsten Verhältnissen und einer von Missbrauch geprägten ersten Ehe zu einer der erfolgreichsten Unterhaltungskünstlerinnen aller Zeiten aufstieg, ist am Mittwoch im Alter von 83 Jahren gestorben. Die Wahlschweizerin sei friedlich nach langer Krankheit in ihrem Haus in Küsnacht bei Zürich gestorben, zitierte Sky News am Mittwochabend einen Sprecher.
Die "Queen of Rock 'n' Roll" hat mit ihrer gewaltigen Stimme, gewagten Kostümen, sexy Tanzeinlagen und überschäumender Energie ein Millionenpublikum in Ekstase versetzt. Welthits wie "Private Dancer", "Simply the Best", "We Don't Need Another Hero" oder "What's Love Got To Do With It" sicherten ihr in den 1980er und 1990er Jahren einen ewigen Platz im Pop-Olymp. Nach einer Abschiedstournee 2009 zog sie sich im Alter von 70 Jahren ins Privatleben zurück. Sie genoss nach eigenen Angaben nach Jahrzehnten harter Arbeit fortan das Leben ohne Verpflichtungen.
Turner zeigte sich danach nur noch selten in der Öffentlichkeit, etwa, um für ein Buch oder ein Musical über ihre Lebensgeschichte zu werben. Mit ihrem 16 Jahre jüngeren deutschen Partner Erwin Bach lebte sie seit den 90er-Jahren am Zürichsee in der Schweiz. Dort feierten die beiden 2013 ein rauschendes Hochzeitsfest. Turner nahm in diesem Jahr auch die Schweizer Staatsbürgerschaft an.
"You were simply the best"
Als "unglaublich traurige" Nachricht bezeichnete das Weiße Haus den Tod der Sängerin. US-Präsident Joe Biden (80) erinnerte in einer Würdigung daran, dass Turner im ländlichen US-Staat Tennessee aufwuchs und als Kind im Kirchenchor sang. Die zwölffache Grammy-Preisträgerin habe in ihrem Leben Widrigkeiten überwunden und beachtliche persönliche Stärke gezeigt. In Österreich zeigte sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) betroffen. "Mit Tina Turner hat eine Ausnahmekünstlerin die Bühne für immer verlassen. Ein Frau mit großer Menschlichkeit und einer unglaublich schweren persönlichen Geschichte. Ihre Musik hat ganze Generationen geprägt", schrieb er auf Twitter. "Die Welt hat heute eine authentische, starke und kämpferische Frau verloren. Eine Frau, die Frauen gezeigt hat, dass sie stark sein können", schrieb der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez. "You were simply the best. Tina Turner", twitterte die slowenische Präsidentin Nataša Pirc Musar. "Mit Tina Turners Tod hat die Welt eine Ikone verloren", betonte der Schweizer Bundespräsident Alain Berset.
Auch zahlreiche Künstler würdigten die Verstorbene. "Ich bin so traurig über den Tod meiner wundervollen Freundin Tina Turner. Sie war wirklich eine enorm talentierte Künstlerin und Sängerin. Sie war inspirierend, warm, lustig und großzügig", schrieb Rolling-Stones-Frontmann Mick Jagger auf Instagram. "Sie hat mir so viel geholfen, als ich jung war, und ich werde sie nie vergessen." Der kanadische Sänger Bryan Adams (63) dankte der Sängerin für "die Inspiration für Millionen Menschen in aller Welt", denen sie ihre Stimme geschenkt habe. "Freue dich im Paradies, Königin. Legenden sterben nie", schrieb die Schauspielerin Rosario Dawson (44) auf Instagram. "Danke für die Inspiration, die du uns allen gegeben hast", schrieb US-Sängerin Ciara (37) auf Twitter. Der Himmel habe nun "einen Engel" dazugewonnen. "Die Königin, Legende, Ikone", schrieb Model und Schauspielerin Naomi Campbell (53) auf Turners Instagram-Seite. Es werde nie wieder so jemanden wie Turner geben.
US-Popstar Mariah Carey (54) würdigte die Verstorbene als "Inspiration für Frauen überall". Begriffe wie "Legendär, Ikonisch, Diva und Superstar" würden generell zu häufig verwendet, aber auf Turner treffe das alles zu. Was für eine Frau, was für ein Leben, was für eine Kämpferin", schrieb Alicia Keys (42) bei Instagram. Moderator Thomas Gottschalk betonte: "Sie war eine Powerfrau ... Eine der ersten und eine der letzten!"
Turner wurde in den 60er und 70er-Jahren im Duo mit ihrem damaligen Ehemann Ike Turner bekannt. Hits wie "River Deep - Mountain High", "Proud Mary", und "Nutbush City Limits" stürmten die Charts in vielen Ländern. Wie Turner erst viel später enthüllte, war die Ehe aber eine Tortur für sie. Ike schlug und drangsalierte sie. Mit 37 Jahren flüchtete sie vor ihm. Turner gab alle finanziellen Ansprüche aus dem gemeinsamen Musikschaffen auf, um schnell durch die Scheidung zu kommen.
Diese düstere Seite zeigte auch die Filmbiografie "Tina - What's Love Got To Do With It?" (1994), mit Angela Bassett in der Oscar-nominierten Hauptrolle. Bassett (64) würdigte am Mittwoch die Stärke und den Mut der verstorbenen Sängerin. Turner habe in ihrem Leben Schmerzen und Traumata erfahren und den Mut gehabt, ihre Geschichte zu erzählen, ihren Weg zu gehen und anderen zu zeigen, wie eine Zukunft voller Liebe, Mitgefühl und Freiheit aussehen solle. Es sei eine Ehre gewesen, Turner zu kennen und sie im Film zu spielen, sagte die Schauspielerin dem Branchenblatt "Hollywood Reporter".
Grandiose Solokarriere
Mit 45 Jahren strahlte Tina Turner wieder im Scheinwerferlicht: Das Album "Private Dancer" wurde 1984 ihr Solo-Durchbruch. Fortan füllte sie in aller Welt Stadien und Musikbühnen und landete mehrer Welthits. Turner gewann zahlreiche Musikauszeichnungen. 2021 wurde sie in die "Rock & Roll Hall of Fame" in Cleveland in den USA aufgenommen. "Wenn sie mir mit 81 Jahren immer noch Auszeichnungen geben, muss ich irgendetwas richtig gemacht haben", scherzte sie bei der Zeremonie per Videozuschaltung aus der Schweiz.
Turner hatte zwei leibliche Söhne, die mit 59 und 62 Jahren vor ihr gestorben sind. Sie selbst hatte Darmkrebs und ein schweres Nierendleiden. Ihr Mann spendete ihr 2017 eine seiner Nieren. In der Autobiografie "My Love Story" berichtete sie 2019 über viele schmerzhafte Erfahrungen.
In ihrer Schweizer Wahlheimat integrierte sich Turner gut. Wie die Schweizerische Depeschenagentur sda berichtet, lernte sie Deutsch und ging bei den eidgenössischen Volksabstimmungen "vorbildlich" an die Urne. Sie sei in der Schweiz angekommen und auch das Essen passe ihr, meinte sie. Neben Käse habe es ihr vor allem das Schweizer Sauerteigweckerl "Bürli" angetan. Der Stadt Küsnacht schenkte sie zu ihrem 75. Geburtstag die Weihnachtsbeleuchtung und war Taufpatin des Seerettungsbootes "Tina". Im Dezember 2021 erhielt sie von der Universität Bern einen Ehrendoktortitel für ihr "einzigartiges musikalisch-künstlerisches Lebenswerk" verliehen. Am Mittwochabend legten Fans vor der Villa der Sängerin in Küsnacht Blumen ab und zündeten Kerzen an. Auch die Sternenplakette der Pop-Legende auf Hollywoods "Walk of Fame" wurde mit Blumen geschmückt.