Im Fall der Schadenersatzklage von Prinz Harry und weiteren britischen Prominenten wegen abgehörter Telefone hat am Mittwoch ein Prozess am Londoner High Court begonnen. Der 38-jährige Royal und andere Promis werfen den früheren Verantwortlichen der Boulevardzeitungen "The Mirror", "The Sunday Mirror" und "Sunday People" vor, von illegale Methoden wie dem Abfangen von Handy-Sprachnachrichten und dem Erschleichen medizinischer Daten gewusst zu haben.
Beklagter ist der Verlag der drei Blätter, Mirror Group Newspapers (MGN). Dass die Prominenten durch Journalisten und Privatdetektive bespitzelt wurden, hatte der Verlag bereits teilweise eingestanden. Einzelne Journalisten wurden strafrechtlich belangt. Nun geht es darum, ob und wie die Führungsebene in die illegalen Tätigkeiten involviert war.
"Übergriffigste Methode der Beschaffung privater Informationen"
Kläger-Anwalt David Sherborne begann am Mittwoch mit der Verlesung der Klageschrift. Prinz Harry sei seit 1995 zum Ziel der "übergriffigsten Methoden der Beschaffung privater Informationen" geworden, sagte Sherborne, der von "entsetzlichen" Praktiken sprach. Der Prozess soll anhand mehrerer Einzelfälle exemplarisch für eine Sammelklage vieler weiterer Kläger geführt werden.
Der Verlag entschuldigte sich zum Prozessauftakt in einer schriftlichen Eingabe für die Bespitzelung und gab zu, dass Prinz Harry Entschädigung zustehe. Einzelne Fälle angeblich abgehörter Sprachnachrichten wies Beklagten-Anwalt Andrew Green jedoch zurück. Zudem komme die Klage zu spät.
Es geht ums Prinzip
Doch Prinz Harry geht es auch ums Prinzip. Neben Prominenten wurden auch Opfer von aufsehenerregenden Verbrechen sowie deren Angehörige zum Ziel illegaler Recherchemethoden. Der Fall des Herzogs von Sussex werfe ein Schlaglicht darauf, was vielen anderen weniger bekannten Personen widerfahren sei, sagte Sherborne und fügte hinzu: "Deswegen hat er sich dazu entschieden, die Klage einzureichen."
Die Bespitzelung habe "in industriellem Ausmaß bei allen drei Blättern stattgefunden", so der Star-Anwalt weiter, der Prinz Harry bereits in anderen Verfahren vertreten hatte. Durch Rechnungsbelege sei erwiesen, dass Privatdetektive von verschiedenen Ressorts innerhalb der Redaktionen beauftragt und bezahlt worden seien. Auch der Rechtsabteilung und dem Vorstand seien die Vorgänge bekannt gewesen. Er sprach von einer "Flut der Rechtsbrüche", die von leitenden Redakteuren autorisiert wurden.
Gegenseite und Zeugen
Die Gegenseite will ihre Argumente am Freitag darlegen, bevor in der kommenden Woche die Zeugenbefragung beginnt. Das Verfahren ist für sieben Wochen angesetzt. Erwartet wird, dass der jüngere Sohn von König Charles III. (74) im Juni selbst in den Zeugenstand treten wird. Im Fokus des Verfahrens stehen dürfte unter anderem der frühere Chefredakteur des "Mirror", Piers Morgan, der das Blatt von 1995 bis 2004 leitete. Morgan hatte sich in den vergangenen Jahren vor allem als scharfer Kritiker von Harrys Frau Meghan (41) hervorgetan. Die Vorwürfe in dem aktuellen Verfahren weist er zurück.
Der Prozess ist nur einer von mehreren, die Prinz Harry in Großbritannien gegen die als "Tabloid Press" bezeichneten Boulevardmedien führt. Er war bereits im März in einem Verfahren gegen den Verlag der Blätter "Daily Mail" und "Mail on Sunday", Associated Newspapers Limited, überraschend selbst als Zeuge aufgetreten. Auch gegen den Verlag der Zeitungen "Sun" und der inzwischen eingestellten "News Group Newspapers" hat Harry wegen ähnlicher Vorwürfe ein Verfahren ins Rollen gebracht.