Hella Brice, die Witwe des legendären Winnetou-Darstellers Pierre Brice, empfindet Rassismusvorwürfe gegen die Texte von Karl May als unberechtigt: "Ich kann diesen Vorwurf überhaupt nicht nachvollziehen", teilte die 73-Jährige mit. "Wäre Karl May rassistisch gewesen, hätte er Winnetou und Old Shatterhand wohl kaum Blutsbrüderschaft schließen und Seite an Seite für das Gute kämpfen lassen."
Hella Brice nahm damit Stellung zu der derzeitigen Debatte um kulturelle Aneignung und Rassismus, die nach der Zurückziehung zweier Begleitbücher zu einem neuen Winnetou-Film für Kinder aufgekommen war. Die gebürtige Oberpfälzerin war mehr als 30 Jahre lang mit dem französischen Schauspieler verheiratet. Brice wurde in den 60er-Jahren mit den Verfilmungen der Karl-May-Bücher als "Winnetou" zur Kinolegende. Am 6. Juni 2015 starb er im Alter von 86 Jahren in Paris. Beerdigt ist er in Gräfelfing nahe München, wo Hella Brice heute lebt.
"Ich finde es sehr schade, dass durch diese Diskussion die Botschaft Karl Mays und die Werte Winnetous in den Hintergrund rücken", gab Helle Brice zu bedenken. Weder die Schauspieler des neuen Films "Der junge Häuptling Winnetou" und die der vorigen Filme noch die Bühnen, die Karl May heute aufführten, hätten Negatives im Sinn, ganz im Gegenteil. "Mein Mann ist 1991 bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg von den Winnebagos zum Rainbow-Man ernannt worden." Sie hätten ihn als Ehrenmitglied in ihren Stamm aufgenommen. Das hätten sie sicher nicht getan, wenn sie sich durch die Darstellung und durch die Sprache Karl Mays angegriffen oder verletzt gefühlt hätten. "Genau das Gegenteil war stets Pierres Wunsch", betonte Hella Brice. "Er wollte den Menschen die Kultur der Indianer näherbringen, die Verbundenheit zur Natur, der Wunsch nach Frieden, Freiheit, Toleranz und Respekt, weil das auch seine eigenen Werte waren, für die er sich sein Leben lang eingesetzt hat."
Derzeit kein "Winnetou" in der ARD und im ORF
Schon 2020 hat die ARD die Lizenzen zu den alten "Winnetou"-Filmen auslaufen lassen, die Filme sind auf diversen anderen Sendern natürlich dennoch zu sehen. So zeigt man am 3. Oktober im ZDF "Winnetou und das Halbblut Apannatschi". Im ORF kann in nächster Zeit kein Winnetou-Film laufen. Der hat derzeit keine entsprechenden Lizenzverträge. "Sollte es sich allerdings programmlich ergeben, wird der ORF wieder 'Winnetou'-Filme ausstrahlen", teilte man dort mit.