Ihm war der fulminante Schlussakt vorbehalten: Als sich vor 20 Jahren, am 23. Jänner 2002, Yves Saint Laurent endgültig vom Laufsteg verabschiedete, war der Damensmoking der Paukenschlag und Schlussakkord. Catherine Deneuve trug an diesem Abend natürlich einen dieser Anzüge, was sonst. Mit ihr, innige Freundin des Designers, ist die Geschichte des Kleidungsstücks eng verbunden.
2022 ist ein Yves-Saint-Laurent-Jahr, gleich sechs Pariser Museen widmen sich dem Werk des französischen Modepioniers, der 2008 im Alter von 71 Jahren starb. Mit einem Big Bäng wird also der Big Bäng gefeiert: Vor 60 Jahren, am 29. Jänner 1962, hat Yves Henri Donat Mathieu-Saint Laurent den Pariserinnen den Kopf verdreht. Seine erste Kollektion war ein VIP-Aufmarsch der Extraklasse, die Kritiken mäßig. Aber im Rückspiegel der Zeit lässt sich sagen: Was da alles noch kommen wird! Gerade in den 1960er-Jahren wird der gebürtige Algerier keine Trends, sondern modische Legenden schaffen: die Mondrian-Kleider (1965), der Safari-Look (1967), die durchsichtigen Blusen (1968) und natürlich „Le Smoking“ (1966). Kein Kleidungsstück ist enger mit Yves Saint Laurent verwoben, als der Damensmoking.
Erfunden hat er ihn nicht, das war der französische Designer Marcel Rochas 1934. Für die damalige Zeit kein Aufreger, war er im Kreis der Bohéme auch nicht weiter ungewöhnlich. Man denke nur an Marlene Dietrich, die aus Leidenschaft Anzüge trug und für ihre Bühnenrollen bevorzugt in den Frack schlüpfte – gerne auch angefertigt von der Wiener Maßschneiderei Knize. Doch den 1960er-Jahren – mit ihrer Aufbruchstimmung und dem überbordenden Hang zu Blumenkleidern, Schlaghosen und Miniröcken – setzte Yves Saint Laurent den Damensmoking entgegen. Das mag im Vergleich zum Minirock fast schon streng und androgyn erscheinen, ist aber weit mehr als nur ein modischer Meilenstein. Nur wenige Kleiderstücke repräsentieren die männliche Lebenswelt so sehr, wie der Smoking.