Mit der Band Smokie toppte Chris Norman in den 1970er Jahren mehrfach die deutsche Hitparade. Danach begann der Sänger eine erfolgreiche Solokarriere, die ebenfalls in Deutschland ihren Lauf nahm. Die Arbeit mit Dieter Bohlen lag Norman allerdings nicht so. Sein 70. Geburtstag (25. Oktober) ist für Chris Norman keine besondere Sache. "Wenn man mich fragt, wäre ich lieber 35", gibt der Sänger im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zu. "Aber ich fühle mich nicht alt. Ich kann immer noch auf Tournee gehen und habe die Energie und den Enthusiasmus, neue Alben aufzunehmen. Und solange ich noch die Dinge machen kann, die mir gefallen, ist es nur eine Zahl, über die ich mir nicht zu viele Gedanken machen sollte."
Als Frontmann der Band Smokie prägte Norman mit seiner markanten, etwas reibeisenartigen Stimme in den 70er Jahren den Sound im Radio. Besonders populär waren die Briten in Deutschland. Mit Songs wie "Living Next Door To Alice", "Lay Back In The Arms Of Someone" und "Mexican Girl" standen Smokie an der Spitze der Hitparade und traten regelmäßig in beliebten TV-Shows wie "Musikladen" und "Disco" auf.
"Ich war eigentlich nie der Meinung, dass ich eine unverwechselbare, erkennbare Stimme habe", sagt Norman, der am 25. Oktober 1950 im Küstenstädtchen Redcar im Nordosten von England geboren wurde. In der Kindheit sang der kleine Christopher als Solist im Kirchenchor. Seine Stimme sei damals noch sehr klar gewesen. "Dass sie schließlich so wurde, wie sie jetzt klingt, hatte wohl mit den Bands zu tun, in denen ich gespielt habe", meint der Sänger. "Davon, dass wir in Läden aufgetreten sind und Rock'n'Roll gesungen haben, ist sie rauer geworden. Ich glaube, ich klinge etwa seit 1972 oder 1973 so."
Bereits mit 17 hatte er die Musik zum Beruf gemacht. Er war 18, als seine Band, die damals Kindness hieß, die erste Schallplatte aufnahm. Als Smokie Mitte der 70er der Durchbruch gelang, hatten sie schon einige Alben und Singles veröffentlicht. "Wir waren daran gewöhnt, dass unsere Platten keinen Erfolg hatten und wir dauernd enttäuscht wurden", erzählt Norman. "Es war also vor allem eine Erleichterung."
In Deutschland waren Smokie sogar noch beliebter als in ihrer Heimat. "In England haben wir noch in Theatern vor 3000 Leuten gespielt, da haben wir in Deutschland schon Hallen mit 12.000 Menschen gefüllt", erinnert sich Norman, der heute auf der Isle of Man lebt. "Klar, dass auch meine Solokarriere in Deutschland ihren Lauf nahm."
Schon während der Smokie-Zeit hatte er auch ohne die Band ein paar Singles veröffentlicht, darunter das Duett "Stumblin' In" mit Suzi Quatro. Bei einem TV-Auftritt mit Quatro trug er eine Dauerwelle. "Erinnere mich nicht daran", scherzt er. "Das war ein Fehler, aber damals ziemlich populär." Der Song wurde ein großer Erfolg.
1980 gingen Smokie vorübergehend getrennte Wege, weil Norman genug vom "endlosen Touren" hatte. 1986 landete er mit "Midnight Lady" einen überraschenden Nummer-Eins-Hit in Deutschland. Die Ballade, von Dieter Bohlen für die "Tatort"-Folge "Der Tausch" komponiert, ebnete den Weg für eine dauerhafte Solokarriere, obwohl auch Smokie wieder gefragt waren. "Ich hab gedacht, wenn ich all das mache, komme ich nie wieder nach Hause", sagt Norman. Also verließ er Smokie im Guten und vermittelte der Band sogar noch einen Bekannten als Nachfolger.
Die Arbeit mit Bohlen funktionierte nicht so gut. Die Plattenfirma wollte, dass der Modern Talking-Musiker alle Songs für Normans Album "Some Hearts Are Diamonds" schreibt. "Aber ich hab gesagt: "Nein, es ist doch mein Album, ich bin der Songwriter"", erinnert sich Norman. Im Studio der nächste Konflikt: "Ich kam aus dem Gitarrenbereich, von einer Rock'n'Roll-Band. Er stand für die 80er Jahre mit Synthesizern und Drumcomputern. Wir hatten unterschiedliche Vorstellungen davon, wie das Album produziert werden sollte. Es hat einfach nicht gut geklappt mit uns." Persönlich sei er allerdings gut mit Bohlen ausgekommen, betont Norman.
Bis heute hat der Sänger mehr als 20 Soloalben aufgenommen. Das nächste ist auch schon fertig. "Wenn ich keine neue Musik mache, kann ich bei meinen Konzerten nur alte Songs spielen, als ob ich einer von gestern wäre, und das will ich nicht sein", stellt Norman klar. "Deshalb hab ich auch so gut wie nie bei Oldie-Festivals mitgemacht." Die alten Klassiker spielt der Brite aber immer noch gern. Seine für 2021 geplante Tournee heißt "Forever - The 70th Birthday Tour" und verspricht alle Solo- und Smokie-Hits. Die dürften bei seinen Konzerten schließlich nicht fehlen. ""Midnight Lady" kann ich nicht auslassen", sagt er, "schon gar nicht in Deutschland."
Auch wenn er viel unterwegs ist - Norman ist ein Familienmensch. "Das ist immer eine große Freude, nach Hause zu kommen und alle zu sehen." Schon mit 17 wurde er erstmals Vater. Ein paar Jahre später lernte er seine Ehefrau Linda kennen, mit der er seit rund 50 Jahren verheiratet ist. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Sohn Brian starb 2001 bei einem Autounfall. Mittlerweile ist Norman Großvater.
Die vorübergehende Lockenpracht von damals, die in den 80ern einer Vokuhila-Frisur wich, ist längst Vergangenheit. Seine Haare trägt der Sänger aber auch mit 70 immer noch am liebsten lang. "Ich fühle mich wohler mit längerem Haar", sagt Chris Norman. "Es fühlt sich mehr nach Rock'n'Roll an. Und es sieht besser aus, vor allem, weil ich älter werde und es mehr von meinem Gesicht verdeckt."