Geburtstage der britischen Royals werden meist öffentlichkeitswirksam gefeiert. Der 60. Geburtstag von Prinz Andrew am nächsten Mittwoch bringt das Königshaus jedoch in eine peinliche Situation: Wie soll das Fest für einen Mann aussehen, der in einen Skandal um sexuellen Missbrauch Minderjähriger verstrickt ist? Bei den meisten Briten ist der angebliche Lieblingssohn der Queen längst in Ungnade gefallen.
Die britische Regierung kündigte Anfang Februar an, die Tradition des landesweiten Flaggenhissens an royalen Geburtstagen zu überdenken. Schließlich käme es wohl nicht gut an, wenn es am Mittwoch eine Ehrenbezeugung dieser Art für einen Royal gäbe, der wegen seiner Verbindungen zum verurteilten US-Sexualverbrecher Jeffrey Epstein am Pranger steht.
Epstein soll über Jahre hinweg minderjährige Mädchen und junge Frauen sexuell missbraucht und zur Prostitution gezwungen haben. Mit einem der Opfer, der damals 17-jährigen Virginia Giuffre, soll wiederum der Prinz Sex gehabt haben. Giuffre war nach eigenen Angaben bei drei Gelegenheiten zum Sex mit ihm gezwungen worden. In einem Fernsehinterview im November wies Andrew die Vorwürfe zurück.
Das Interview geriet zum PR-Desaster für den einst als mutiger Kriegsheld gefeierten Royal: Mit keinem Wort äußerte er Mitgefühl für die Epstein-Opfer. Zudem distanzierte er sich nicht überzeugend von dem Sexualstraftäter, der im August in seiner New Yorker Gefängniszelle den Behörden zufolge Suizid begangen hat.
Erst später brachte Andrew in einer schriftlichen Erklärung sein "unmissverständliches Bedauern" über seine "unbedachte Verbindung" zu Epstein zum Ausdruck und äußerte sein Mitgefühl "mit allen Betroffenen". Um weiteren Schaden von der Königsfamilie abzuwenden, kündigte er an, alle öffentlichen Aufgaben niederzulegen.
Die inzwischen 36-jährige Giuffre bekräftigte ihre Vorwürfe im Dezember in einem BBC-Interview. Ende Jänner dann warf der New Yorker Staatsanwalt Geoffrey Berman dem Prinzen "null Kooperation" bei den Epstein-Ermittlungen vor. Auf alle Anfragen der Staatsanwaltschaft und der US-Bundespolizei FBI, wie zugesagt im Fall Epstein auszusagen, habe der britische Royal nicht reagiert.
Britische Medien kritisierten, dass das Königshaus den zweitältesten Sohn von Königin Elizabeth II. nicht stärker abstraft. Denn der jüngste Skandal ist schlimmer als Andrews bisherige Affären.
Als junger Mann galt der Prinz als ein begehrter Junggeselle, wegen seiner zahlreichen Liebschaften verpassten ihm die britischen Medien in den 80er-Jahren den Spitznamen "Randy Andy" (etwa: "Geiler Andy"). 1986 heiratete er schließlich Sarah "Fergie" Ferguson. Aus der Ehe gingen die beiden Töchter Beatrice und Eugenie hervor.
Nach der Trennung von "Fergie" tauchten Fotos von Andrew mit barbusigen Frauen in Thailand auf - sowie von einer Party unter dem Motto "Nutten und Zuhälter" mit der Epstein-Freundin Ghislaine Maxwell. Maxwell wird vorgeworfen, minderjährige Mädchen für Epstein "rekrutiert" zu haben. Sie selbst dementiert das.
1996 ließen sich Andrew und "Fergie" scheiden, blieben aber nach eigenen Angaben Freunde. Im Epstein-Skandal verteidigte Fergie ihren Ex-Mann.
2001 verließ Andrew, der 1982 mit 22 Jahren als Hubschrauberpilot am Falklandkrieg teilgenommen hatte, die britische Marine. Er wurde zum Sonderhandelsbeauftragen der Regierung ernannt, was ihm durch seine vielen Flugreisen auf Steuerzahlerkosten den Spitznamen "Airmiles Andy" einbrachte.
Fragen warfen auch seine Verbindungen zum Schwiegersohn des tunesischen Ex-Machthabers Zine al-Abidine Ben Ali, zum Sohn von Libyens Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi und zu einem kasachischen Milliardär auf. Immer wieder gab es zudem Vorwürfe, Andrew sei arrogant und unverschämt.
Seine Verstrickung in den Epstein-Skandal lastet nun auch auf seinen beiden Töchtern. Prinzessin Beatrice ließ unlängst mitteilen, dass sie ihre für den 29. Mai geplante Hochzeit mit dem Geschäftsmann Edoardo Mapelli Mozzi in kleinerem Rahmen feiern will als ihre jüngere Schwester Eugenie im Jahr 2018.