Die plötzliche Rückzugsankündigung von Prinz Harry und seiner Frau Meghan hat in Großbritannien eine Diskussion über die Gründe ausgelöst - und nicht zuletzt über Rassismus als eine der möglichen Ursachen. Tatsache ist, dass die britischen Medien und die Öffentlichkeit Meghans Wurzeln - ihr Vater ist weiß, ihre Mutter Afroamerikanerin - immer wieder thematisierten.
Quasi unmittelbar nachdem die Liebesbeziehung zwischen den beiden im Herbst 2016 bekannt wurde, gab es erste Rassismusvorwürfe gegen britische Medien. Die "Daily Mail" überschrieb ihre "Exklusivmeldung" über die Romanze damals mit "Harrys Mädchen kommt (fast) direkt aus Compton" - in Anspielung auf einen für seine hohe Kriminalitätsrate und Armut berüchtigten Vorort von Los Angeles. In Wirklichkeit wuchs Meghan in behüteten Verhältnissen im Zentrum von LA auf und besuchte Privatschulen.
"Exotische DNA"
Rachel Johnson, Schwester des heutigen Premierministers Boris Johnson, schrieb seinerzeit in der "Mail on Sunday" von Markles "reicher und exotischer DNA", die den "blassen" Windsors gut tun könne. Angesichts der Häufung derartiger Äußerungen reagierte Harry mit einer Erklärung, in der er "die rassistischen Untertöne" bestimmter Kommentare und den "Sexismus und Rassismus von Trollen in den sozialen Medien" brandmarkte.
Damit konnte er die Welle unsensibler oder gar offen beleidigender Äußerungen jedoch nicht stoppen. 2017 grub die "Daily Mail" Meghans Stammbaum aus und kommentierte diesen mit den Worten, ihre Familie habe sich in 150 Jahren von Baumwoll-Plantagen ins Königshaus "hochgearbeitet".
Baby als Schimpanse
Nach der Geburt des Sohnes von Meghan und Harry im vergangenen Mai veröffentlichte ein BBC-Sportmoderator unter der Überschrift "Das royale Baby verlässt das Krankenhaus" das Bild eines Paares, das einen bekleideten Schimpansen an den Händen hält. Später bezeichnete der Moderator die Aktion als "dummen Scherz", dennoch wurde er gefeuert.
Selbst innerhalb der königlichen Familie kam es zu Zwischenfällen - beispielsweise, als Prinzessin Michael of Kent bei einem Familientreffen im Buckingham-Palast in Meghans Gegenwart eine antike Brosche mit dem Konterfei eines "Mohren" trug. Die Prinzessin, die mit einem Cousin von Queen Elizabeth II. verheiratet ist, entschuldigte sich später.
Die britische Innenministerin Priti Patel - selbst Tochter von Einwanderern - weist den Verdacht zurück, Rassismus könne eine Rolle bei Meghans und Harrys Entscheidung gespielt haben. "Ich glaube, dass wir in einem großartigen Land, einer großartigen Gesellschaft voller Möglichkeiten leben, wo Leute jeglichen Hintergrunds im Leben vorankommen können", sagte sie.
Herkunft als Schlagstock
Andere widersprechen dieser Einschätzung. "Traurigerweise benutzt die Presse Meghans Herkunft als Stock, um sie zu schlagen - genau, wie sie Catherines Gesellschaftsschicht als Stock gegen sie benutzt hat", sagte der Königshof-Experte William Hanson in Anspielung auf Prinz Williams Frau Kate, die aus einer Mittelschicht-Familie stammt.
Meghan-Anhänger weisen auch auf die ungerechte Berichterstattung über die Herzogin im Vergleich zu anderen Mitgliedern des Königshauses hin. Von der britischen Presse mit dem Stempel "Herzogin Schwierig" und "kapriziös" versehen, wurde Meghan mehrfach für Dinge kritisiert, die andere Royals unbehelligt tun konnten. Dazu gehört beispielsweise die Gast-Herausgeberschaft einer Frauenzeitschrift, das Streicheln ihres Babybauches und der Verzehr von Avocados. "Wie Meghans Lieblings-Avocadosnack Menschenrechtsvergehen, Dürre und Mord anheizt", schrieb die "Daily Mail" zu letzterem Thema.