Das dürfte selbst für eingefleischte Mode-Aficionados eine Nummer zu groß gewesen sein: Knapp 50.000 Euro für einen Sweater ist echt kein Taschengeld. Rechnen wir seine frühere Besitzerin mit ein, ist alles klar: Prinzessin Diana. Die 1997 bei einem Autounfall Verstorbene hat das gute Stück gerne im Fitness-Center getragen, es war ein Geschenk des britischen Milliardärs Richard Branson. Vor wenigen Tagen kam es in Boston unter den Hammer und trotzdem muss man sagen: Eigentlich war es ein Schnäppchen. Auktionen royaler Mode sind in den meisten Fällen eine sichere Bank. Taucht der Name Lady Diana auf, haben wir den Goldstandard erreicht. Über 230.000 Euro hat ein Modemuseum 2010 für eine Abendrobe der Exfrau von Prince Charles bezahlt – das ist der Durchschnitt. Und ja, es ist nur Kleidung, aber die ist aufgeladen, nein, überfrachtet mit Zuschreibungen: Glamour, großes Drama, Mode-Ikone. Diese Trias ergibt den Kaufpreis.

Dieser Pullover wurde für rund 50.000 Euro verkauft
Dieser Pullover wurde für rund 50.000 Euro verkauft © Getty Images



Für Diana war Mode nie nur Kleidung, sondern ein wichtiger Kommunikationskanal nach außen. Das war nicht immer so: Von der jungen „Shy Di“ bis zur, im wahrsten Sinne des Wortes, „Lady Di“ liegt eine spannende Genese. Ihre Spielwiese waren die 80er-Jahre, die sich übersättigt vom Mustermix-Wahnsinn der Flower-Power-Ära dringend nach Veränderung sehnten. So ähnlich ging es auch Diana Spencer: eine schüchterne Kindergärtnerin, die in einer überdimensionierten Rüschenbluse mit Faltenrock feststeckte.

Beim Genesis-Konzert im Jahr 1984
Beim Genesis-Konzert im Jahr 1984 © Getty Images



Modische Schützenhilfe bekam sie vor allem von Anna Harvey, die ihr bereits 1980, also noch vor der Hochzeit mit Prince Charles, vorgestellt wurde. Harvey war damals Fashion Editor bei der britischen Vogue und blieb Diana viele Jahre lang treu. Doch die Britin schärfte nur nach, wo auch modisches Verständnis vorhanden war, wie sie selbst sagte: „Diana wusste, was sie mochte, was sie wollte, und es hatte nicht unbedingt etwas mit dem zu tun, was in Mode war.“

Diana als junges Mädchen im Jahr 1971
Diana als junges Mädchen im Jahr 1971 © Getty Images

Diana hatte ihre eigenen modischen Vorstellungen – wer sich, wie oben zu sehen, ihre 80er-Jahre-Looks ansieht, dürfte schnell Trends finden, die damals entstanden sind und heute nicht nur sehr aktuell wirken, sondern es auch wieder sind. Ob im Jogginganzug, Stichwort Athleisure, oder im oversized Blazer – das royale Aushängeschild lehnte sich oft ziemlich weit über die royale Etikette hinaus.
Im Vergleich sind ihre beiden Schwiegertöchter Kate und Meghan geradezu bieder. Auch wenn diese gerne auf Best-dressed-Listen zu finden sind, gibt es einen entscheidenden Unterschied zu Diana: Sie passte sich immer nur so weit an, wie gerade nötig – oder einfach auch gar nicht.

Turban-Variation aus dem Jahr 1989
Turban-Variation aus dem Jahr 1989 © Getty Images

Das kann man jetzt als Luxus-Palastrevolte abtun, aber es fand doch Widerhall außerhalb des Buckingham Palastes. Dass sie auf Handschuhe verzichtete, war nicht nur ein Spleen, sondern ein Signal an sein Gegenüber beim Handschlag. Das zeigte sich vor allem, als sie 1987 einem Aidskranken die Hand schüttelte. In einer Zeit, als viele Leute noch glaubten, die Krankheit werde auch so übertragen. Das Bild ging damals auch ohne soziale Medien um die Welt und prägte den Nimbus von der Prinzessin der Herzen entscheidend mit.

Prince Charles gestand seine Affäre mit Camilla und Diana trug als Antwort dieses Kleid
Prince Charles gestand seine Affäre mit Camilla und Diana trug als Antwort dieses Kleid © AP

Mode wirkt, das musste auch Prinz Charles erfahren, als er 1994 zur besten Sendezeit im britischen Fernsehen in einer Doku seine Affäre mit Camilla Parker-Bowles gestand. Die ultimative Demütigung für Diana. Am selben Abend war sie in der Londoner Serpentine Gallery zum Empfang geladen. Die Paparazzi lichteten eine Frau ab, die ein hautenges, schwarzes Kleid trug und ihr strahlendstes Lächeln aufgesetzt hatte. Ein perfekt inszeniertes Antwortschreiben an den Prince of Wales. Das hatte Stil. Das sogenannte „Rachekleid“ wurde vor Jahren versteigert. Der Käufer ist unbekannt, vielleicht sollte mal jemand im Kasten von Prinz Charles nachsehen.