Alles kommt wieder - zumindest zur Hälfte. Am 5. und 6. April wird der britische Thronfolger Prinz Charles mit Camilla, Herzogin von Cornwall, Österreich einen offiziellen Besuch abstatten. Für Charles ist es der zweite "offizielle" Besuch in Wien. Vom 14. bis 16. April 1986 weilte er mit Lady Di in der Bundeshauptstadt zu einer für damalige Zeiten ziemlich perfekten Großbritannien-Marketing-Show.
Hintergrund des damaligen Besuches war ein Festival "Britain in Vienna". Immerhin war (lange vor EU-Eintritts- und -Austritts-Szenarien) und ist Großbritannien ja Signatarmacht des österreichischen Staatsvertrages. Das British Council feierte damals sein 40-jähriges Bestehen. Das British National Theatre gastierte mit "Love for Love" von William Congreve im Burgtheater, mit George Orwells "Animal Farm" im Akademietheater. Am Graben in der Wiener Innenstadt präsentierten sich die damaligen Luxuslimousinen der britischen Autoindustrie. Am 15. April 1986 gab es ein Festkonzert im Wiener Konzerthaus mit dem Philharmonia Orchestra London unter Giuseppe Sinopoli: Edward Elgar und Benjamin Britten - fast perfekt "Pomp and Circumstance".
"Nach Wien kommen Prinz Charles und Lady Di fast schon als 'gesetztes' Paar - Das war nicht immer so", hieß es damals in dem Bericht eines APA-Redakteurs. "Königliche Hoheit" könne eben auch eine Bürde sein. "Doch anders als der 'Jet Set' sind Prinz Charles und seine Frau bei ihren Auslandreisen in Sachen persönlicher Bedürfnisse niemals auf andere Prominenzen, wie Couturiers oder gar Nobelfriseure angewiesen. Sie vertrauen lieber auf ihr eingespieltes Team, das sie mitnehmen. Alles in allem sind die beiden Reiseprofis, wie sie im Buche stehen", hieß es. Nicht einmal zehn Personen würden die beiden begleiten - mit dem "Equerry" für den Prinzen und der "Lady in Waiting" für die Prinzessin.
Yellow Press - und damals so ziemlich alle sonstigen Medien auch - sorgten für Schlagzeilen: 250 Journalisten - von Großbritannien bis Nigeria - hatten sich akkreditieren lassen, was zu einem veritablen Chaos bei der Vergabe der Pool-Karten für die Fotografen führte. ORF, ARD, ZDF, NDR, BBC und der damalige japanische Sender Fuji-TV-Network waren vertreten, Londoner "Times", "Los Angeles Times", Time Magazine etc. ebenfalls. Wiens damaliger Bürgermeister Helmut Zilk sagte: "Der Besuch des Prinzen und der Prinzessin von Wales ist für Wien nicht nur eine besondere Ehre, sondern in mehrfacher Hinsicht auch von großer Bedeutung." Rund 2.000 Polizeibeamte waren abgestellt.
Montag, 14. April 1986 um 14.19 Uhr erfolgte dann die Landung der mittlerweile "verblichenen" Concorde-Maschine, der erste Concorde-Flug von Lady Di, am Flughafen Wien-Schwechat. Lady Di hatte ihren Mann, der zuvor zu einem Privatbesuch in Italien gewesen war, mit dem Überschall-Flugzeug in der norditalienischen Metropole Mailand abgeholt. Es war der erste Besuch eines britischen Thronfolgers seit 53 Jahren in Wien. Bundespräsident Rudolf Kirchschläger empfing das Paar mit seiner Frau, dann ging es zur Eintragung in das Goldene Buch der Stadt Wien ins Rathaus. "Die Prinzessin trug ein rotes Kostüm mit blauen Nadelstreifen, breitem blauen Gürtel, blauem Hut, roter Handtasche und roten Schuhen. Die dominierenden Farben des Prinzen waren grau-blau-weiß", hieß es in dem APA-Bericht.
Vor der Albertina
Was können echte Wiener Adabeis besser als "Bravo"-Rufe? Schon Stunden vor dem angekündigten Besuch von Charles und Diana im April 1986 in der Wiener Albertina hatten sich dort fast 1.000 Menschen eingefunden, um das Paar zu sehen. Drinnen präsentierte der damalige Albertina-Chef Walter Kolschatzky dann Kostbarstes: Albrecht Dürers "Betende Hände" sowie Originale von Klimt und Schiele.
"Prinzessin Diana brachte die Sicherheitsbeamten ins Schwitzen. Beim Verlassen der Albertina schüttelte sie zahlreichen Passanten die Hand. Einige von ihnen hatten auch Blumen, die sie der stets freundliche lächelnden Gattin des Thronfolgers überreichten", berichtete die APA.
"Ein Fest, ein wahres Fest" war dann der 15. April für die Wiener rund um das königliche Paar. Die britische Militärkapelle "Green Jackets" und die Wiener Gardemusik spielten bei "Prinzenwetter" am Graben auf. Dort hatte man bei der Pestsäule wahrhaft britische Karossen aufgebaut: Einen Rolls-Royce Silver Spur, einen Morgan sowie Autos von Lotus und MG. Na sowas: "Am Graben unterhielt sich Prinz Charles - laut den Angaben eines Wiener Polizisten - mit einem 'feschen Hasen', einem jungen Mädchen, das ausgezeichnet Englisch sprach", berichtete eine APA-Redakteurin. Das damalige Wiener Original "Waluliso" hatten Polizisten vor der von diesem angepeilten Überreichung seiner Friedensbotschaft einfach "weggestampert".
Nach einer Fiakerfahrt schlenderten die britischen Gäste dann zum Theresienzimmer der Präsidentschaftskanzlei. Prinz Charles küsste Gastgeberin Herma Kirchschläger die Hand, man zog sich in die "Geheime Ratsstube" zum Mittagessen zurück. Am Abend war dann im Festsaal des Wiener Rathauses ein Festempfang angesagt. "Potage Regence", "Cote de boeuf garnie" und unter anderem "Souffle au schmankerl" wurden aufgetragen - eine Reminiszenz an ein Galadiner, das Kaiser Franz Josef 1903 für den britischen König Edward VII. gegeben hatte. Elf Jahre später hatte der Erste Weltkrieg begonnen, der mit dem Untergang der Monarchie enden sollte.
Was kann noch folgen: Am dritten Tag des Besuches gab es 1986 ein Gespräch von Prinz Charles mit dem damaligen österreichischen Regierungschef Fred Sinowatz, eine britische Modeschau in der Hofburg - und natürliche einen Besuch von Lady Di bei den Wiener Sängerknaben. Dann startete das damals schnellste Passagierflugzeug der Welt am Nachmittag mit etwas Verspätung wieder in Richtung London.
"Schön war's", sagten sich die Wiener Adabeis am Ende damals. Und die Wiener Journalisten begannen wieder Kleingeld für die nächsten Einsätze samt Durchtelefonieren ihrer Stories für die Redaktionssekretärinnen in den öffentlichen Telefonzellen mit ihren Münzautomaten aufzusparen. Man wusste ja nie ...