Kurt Wagner soll das neue Album seiner Band Lambchop für seine Frau Mary gemacht haben. "Ja, ich hoffte, dass es ihr gefallen würde, dass sie es auf ihrem Telefon hört", bestätigte der US-Musiker. Auch wenn seine Partnerin eine demokratische Politikerin ist, sei die Platte "Flotus" eher "chillig", betonte Wagner. Eine Polit-Botschaft hatte er im APA-Gespräch aber doch: "Kandidiert! Geht wählen!"

Lambchop haben sich mit "Flotus" noch einmal selbst erfunden. Wagner hat seine Stimme gesampled, Prozessor und Sequenzer mit ihr gefüttert und Beats gebastelt. "Statt eines Aufnahmegeräts und einer Gitarre waren da diesmal elektronische Werkzeuge", erzählte der Endfünfziger über den Arbeitsprozess. "Dann haben die Bandmitglieder ihre Ideen beigesteuert. Und schließlich hatten wir den Lambchop-Sound."

So radikal, wie man vielleicht glauben mag, ist die Veränderung im Sound nicht. Aber doch markant. "Wer Lambchop kennt, weiß, dass wir uns über die Jahre immer wieder verändern, quasi eine andere Richtung in unser GPS eingeben", lachte der Sänger mit der sonoren Stimme. "Das ist nun einer dieser Momente. Wenn man so lange Musik macht, ist es spannend, nach vorne zu schauen und neue Wege zu beschreiten. Ich verstehe Musik als Evolution."

Fähigkeit für Mainstream-Pop

Die Elektronik hat bei Lambchop also wegen Mary Manzini Einzug gehalten. Gefällt denn seiner Frau der Alternative-Country-Stil seiner früheren Alben nicht? "Natürlich hört sie auch meine alten Platten, aber sie mag halt eine bestimmte Art von Musik, Popmusik mit Beats", erzählte Wagner. "Ich habe nicht die Fähigkeiten, Mainstream-Pop zu machen, aber ich kann versuchen, soundmäßig in diese Richtung zu gehen, also einen Teil dieser Musik zu übernehmen, sie aber nach mir klingen zu lassen."

Dass seine Frau die neuen Songs auf ihrem Telefon hört, findet er ok. "Es gibt so viel mehr Möglichkeiten Musik zu hören als in den alten Tagen, als es nur die Stereoanlage im Wohnzimmer gab. Musik kommt aus dem Telefon, aus dem Computer und sogar aus dem Gemüsegeschäft. Das ist natürlich ein ganz anderes Hörerlebnis."

Kein politisches Album

"Flotus" sei grundsätzlich kein politisches Album, betonte der Künstler. "Aber natürlich, meine Frau ist Politikerin. Das ist jetzt Teil meines Lebens. Wenn ich also über mein Leben schreibe, dann spielt Politik eine Rolle. Das Album hat also eine persönliche Beziehung zu Politik, ist aber grundsätzlich sehr entspannt." Weniger relaxt sieht Wagner den US-Wahlen entgegen. "Natürlich habe ich Angst", bekannte er. "Aber ich muss auch optimistisch bleiben, ich werde am 9. November nicht aufgeben, egal wer nun Präsident wird."

Dass Popsongs etwas gegen Populisten und Schreier ausrichten können, glaubt Wagner nicht. "Wer wirklich etwas bewirken will, muss für ein politisches Amt kandidieren. Man muss am System teilhaben, wenn man etwas ändern will. Wenn viele Leute so denken, lässt sich etwas erreichen. Ein Song ist nett, eine Botschaft gut, aber das ändert nicht die Welt. Politiker ändern die Welt. Darum sollten wir wählen gehen."

Ein Grundübel sei also das mangelnde Engagement. Wagner nickte: "Man kennt die Probleme, aber man tut nichts dagegen." Sein Aufruf: "Geht wählen! Kandidiert! Opfert ein paar Jahre eures Lebens, um etwas zu verändern! Sonst macht das jemand anderer und es kommt vielleicht nichts Gutes heraus."