In Paris sollte am Montag der Prozess gegen den französischen Filmstar Gérard Depardieu wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe auf zwei Frauen beginnen. Jedoch will der Schauspieler den Prozess aus gesundheitlichen Gründen verschieben lassen. Das sagte sein Anwalt Jérémie Assous dem Sender France Info. Sollte Depardieu schuldig gesprochen werden, drohen ihm laut Pariser Staatsanwaltschaft bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug und zusätzlich 75.000 Euro Geldstrafe.
Der 75-Jährige bitte um eine Terminverschiebung, um persönlich anwesend sein zu können. Er würde gerne zu Wort kommen, hieß es. Seit Jahren werfen ihm Frauen sexuelle Übergriffe vor. Nun muss sich Frankreichs Filmikone (“Cyrano von Bergerac“, „Asterix und Obelix“) erstmals vor Gericht verantworten. Zwei Frauen werfen Depardieu vor, sie 2021 bei den Dreharbeiten zu dem Film „Les volets verts“ (Die grünen Fensterläden) von Jean Becker begrapscht zu haben.
Laut Anwalt Assous wolle Depardieu beweisen, dass er „lediglich das Ziel falscher Anschuldigungen“ sei. Der Anwalt warf den Klägerinnen vor, sich durch Entschädigungsforderungen mit Beträgen zwischen 6.000 und 30.000 Euro bereichern zu wollen.
Eine der beiden Klägerinnen, eine Dekorateurin, beschuldigt laut Informationen der Pariser Staatsanwaltschaft den Schauspieler, sie an sich gezogen zu haben, als er in einem Korridor saß und sie an ihm vorbeiging. Er soll sie mit seinen Beinen eingeklemmt, ihr Gesäß, ihr Geschlecht und ihre Brust über ihrer Kleidung berührt haben. Dabei soll er seine Gesten mit obszönen Bemerkungen begleitet haben. Die Frau hat im Februar gegen ihn wegen sexueller Übergriffe, sexueller Belästigung und sexistischer Beleidigungen Klage erhoben.
Die zweite Klägerin, eine Assistentin des Regisseurs, gab laut Staatsanwaltschaft an, dass Depardieu sie am Drehort an Brust und Gesäß berührt haben soll. Zuvor soll er sie bereits auf der Straße belästigt haben. Sie reichte im März 2024 Klage ein.
Immer mehr Klägerinnnen
Seit Jahren melden sich immer mehr Frauen zu Wort, die dem preisgekrönten Darsteller sexuelle Übergriffe vorwerfen. So hat ihn 2018 die Schauspielerin Charlotte Arnould verklagt. Seit 2020 wird in diesem Fall ermittelt. An Arnould soll er sich zweimal vergangen haben. In dem Fall könnte Depardieu der nächste Prozess drohen.
Die Online-Zeitung „Mediapart“, die regelmäßig mit Enthüllungsgeschichten für Aufsehen sorgt, veröffentlichte im April 2023 einen Artikel, in dem 13 Frauen ihn sexueller Übergriffe oder unangemessener sexueller Äußerungen beschuldigten. Sie prangern Vorfälle an, die sich hauptsächlich bei Dreharbeiten von Filmen zwischen 2004 und 2022 ereignet haben sollen.
Depardieu bestreitet die Vorwürfe vollständig. In einem in der Zeitung „Le Figaro“ Anfang Oktober 2023 veröffentlichten Brief bezeichnet er sich als Opfer einer „medialen Lynchjustiz“. Darin gab er zu, sein ganzes Leben lang „provoziert, übertrieben, manchmal ausfällig“ gewesen zu sein, aber kein Vergewaltiger zu sein. Des Weiteren schrieb er, dass Arnould freiwillig mit ihm auf sein Zimmer gegangen sei.
Ende 2023 schockierte Depardieu auch mit frauenfeindlichen und entwürdigenden Kommentaren in dem ausgestrahlten investigativen TV-Magazin „Complément d‘enquête“ über seine Reise nach Nordkorea, auf der er unter anderem ein Gestüt besuchte.
In der Reportage sagt er vor laufender Kamera, während ein junges Mädchen auf einem Pferd im Bild erscheint: „Frauen reiten gerne, weil ihre Klitoris am Sattel reibt.“ Depardieu behauptet, dass die Bilder aus dem Kontext genommen worden und fiktiv seien. Mitte Oktober hat ein Pariser Gericht angeordnet, ein Gutachten zu erstellen, um festzustellen, ob die Aufnahmen manipuliert wurden.
Depardieu hat in über 200 Filmen gespielt, viele sind zu Klassikern des Kinos geworden, wie „Die Ausgebufften“, „Cyrano von Bergerac“ und „Die letzte Metro“. Seit den sich häufenden Anschuldigungen nehmen jedoch immer mehr Menschen Abstand zu ihm.
France Télévisions, Frankreichs öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt, ließ vor Wochen schon wissen, dass man Sendepläne mit Depardieu überprüfen und erst einmal alle Projekte mit ihm auf Eis legen werde. Auch auf eine Zusammenarbeit mit ihm für den Animationsfilm „La plus précieuse des marchandises“ von Michel Hazanavicius wurde verzichtet - im gegenseitigen Einvernehmen, wie es hieß.