Thomas Gottschalk war Jahrzehnte der Inbegriff deutscher Fernsehunterhaltung. Mit „Wetten, dass...?“ lockte der Moderator Millionen Zuseher vor die Bildschirme und begrüßte Weltstars auf der Wettcouch. Vor allem bei weiblichen Gästen scheute der mittlerweile 74-Jährige nicht vor der einen oder anderen Berührung zurück. Ein Verhalten, das zumindest in der heutigen Wahrnehmung als übergriffig bezeichnet werden kann und bereits mehrfach thematisiert wurde – ganz aktuell in einem Interview mit dem „Spiegel“.

Gottschalk wird darin auf Videoausschnitte angesprochen, die zeigen, wie er Tennisspielerin Steffi Graf oder auch Mitgliedern der Popband Spice Girls ans Knie fasste. „Ich hatte kein sexuelles Interesse an den Spice Girls. Sie waren in den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts bei mir zu Gast und haben auch an mir rumgezerrt. Außerdem haben die doch gesungen: ‚If You Wanna Be My Lover‘“, verteidigt er sich und erklärt weiter: „Ich habe Frauen im TV rein dienstlich angefasst. Wie ein Schauspieler, der im Film küsst, weil es im Drehbuch steht. Das lasse ich mir nicht als Attacke vorwerfen.“

Gottschalk will nicht allein mit einer Frau im Lift fahren

Auch wenn er sich keiner Schuld bewusst ist, würde er das heute bleiben lassen, versichert Gottschalk: „Weil ich weiß, dass gewisse Dinge mittlerweile politisch inkorrekt sind, die es damals nicht waren.“ Auch im Alltag würde er vorsichtiger sein. „Ich betrete heute auch keinen Aufzug mehr, in dem nur eine Frau steht. Was mache ich, wenn sie im zweiten Stock rausrennt und ruft: ‚#MeToo, der hat mich angefasst!‘?“ Auf Nachfrage, ob er mit dieser Aussage nicht die Übergriffe gegen Frauen kleinrede, kontert Gottschalk, dass er ja nur für sich spreche und damit nicht das Fehlverhalten anderer Männer entschuldige.

Auch in anderen Passagen des Interviews polarisiert der TV-Moderator. Gleich zu Beginn hadert er mit dem Zeitgeist und der jungen Generation, die er nicht verstehen würde. Auf das Gendern kommt er ebenfalls zu sprechen. Warum er beispielsweise „Zuschauende“ statt „Zuschauer“ sagen solle, fragt er sich. Das verunsichert ihn, gibt er zu: „Ich war früher trittsicher, heute bin ich es nicht immer.“

Auf Social Media wird viel Kritik an den Aussagen Gottschalks geübt. Für den Medienjournalisten Stefan Niggemeier sei das Interview „kein munterer Schlagabtausch“ gewesen, „sondern wirkt von beiden Seiten verbissen“.

Video: Körpersprachen-Experte Stefan Verra analysiert Gottschalk