Auf dem knallroten Sarg thronte sein Zylinder, davor ein großes Herz, in dem dunkelrote Rosen steckten. So hatte es sich Richard Lugner gewünscht. So geschah es auch. Dem „Mörtel“, „Society-Löwen“ oder „Baumeister“, wie er sich in den Medien nennen und feiern ließ, hätte es gefallen.

„Das ist ja fast wie ein Staatsbegräbnis“, flüsterte eine Pensionistin mit Hut ihrer Sitznachbarin im Wiener Stephansdom zu. Die Frauen sicherten sich wie Hunderte andere auch um acht Uhr morgens die Plätze für Lugners allerletzte Show. Seine finale Ausfahrt glich einem Staatsakt. Mitsamt Security-Aufmarsch, Schaulustigen und Handyscheinwerferlicht.

Als der Leichenwagen vor dem Dom vorfuhr, wurde er von Bodyguards auf Motorrädern eskortiert. Ebenso auf dem Stephansplatz parkte eine weiße Stretchlimousine; dekoriert mit Zylinder und goldenem Stern.

Gedacht wurde nicht nur des am 12. August 91-jährig verstorbenen Unternehmers, sondern eines Selfmade-Marketing-Asses und eines Promis, der das Promitum in Österreich in neue Höhen katapultiert hat. Sechsmal war Lugner verheiratet, zum letzten Mal sagte er 72 Tage vor seinem Tod „Ja!“ zu Simone alias „Bienchen“. Und immer waren die Society-Blätter und die Privat-TV-Sender dabei. Bei jeder neuen Liebe, jeder Trennung. Hauptsache, es wurde über ihn berichtet.

Wie bei der Abschiedsfeier gestern. Eine letzte Liveschaltung widmete ihm auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf ORF III. Einige Aussagen in der Analyse-Runde von Roland Adrowitzer und Lisbeth Bischoff (Stichwort „Fremdschämen“) dürften die Zuschauenden erzürnt haben. Am Nachmittag ließ ORF-3-Chef Peter Schöber ausrichten: Sollten „einzelne Formulierungen gefallen sein, die die Gefühle der Hinterbliebenen verletzt haben, so bedauern wir das ausdrücklich“.

„Ein demütiges Abschiednehmen“

Mehrere Bildschirme übertrugen im Stephansdom das Geschehen für alle, die weiter hinten saßen. Dompfarrer Toni Faber begrüßte „Mörtels“ Trauergemeinde im Dom und vor den Fernsehern zu Hause, als wäre er Showmaster und nicht der Zelebrator der Feier. „Selbst die größten Kritiker bescheinigen ihm eine große Authentizität.“ Er sei ein bekennender Christ und ein „Original“ gewesen: „Unser Richard, unser ‚Mörtel.‘“ Schmunzelnder Nachsatz: „Das ist kein Beginn einer Heiligsprechung, aber ein demütiges Abschiednehmen.“
Norbert Hofer, Dritter Nationalratspräsident, erinnerte sich nebst Landtagspräsident Karl Wilfling (NÖ, ÖVP) und Schauspielerin Edith Leyrer wie folgt an jenen Mann, den er 2016 beim Bundespräsidentschaftswahlkampf kennenlernte: „Du hast es verstanden, Showbiz und Business zu verbinden.“ Die Rede war von Leidenschaft, Herzblut, Tüchtigkeit und Bodenständigkeit. „Österreich verneigt sich vor dir, mein Freund.“

Das Publikum an diesem Samstag war bunt gemischt: Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kam ebenso wie Medienministerin Susanne Raab (ÖVP), Tochter Jacqueline Lugner mit ihrem Mann Leo und ihrer Mutter Christina „Mausi“ Lugner. Astrologin Gerda Rogers betrauerte den „letzten Gentleman Österreichs“. Andere kannten ihn nur aus dem Fernsehen oder arbeiteten für ihn. „Er war ein guter Chef“, erinnert sich eine Mitarbeiterin vom Info-Stand des Shoppingcenters. Gut aufgelegt und großzügig. So wolle sie ihn im Herzen behalten. Totenwache übernahm der Personenschützer Christian Löschnigg, der mit seinem Team mehr als 15 Jahre lang dafür sorgte, dass keine ungebetenen Journalisten oder Gäste in die Opernball-Loge des Baumeisters gelangten. Auf dem Sarg war auf Wunsch Lugners sein legendärer Opernball-Zylinder platziert. Davor stand ein großes Herz aus roten Rosen.

Fürs Herz – und manche Tränendrüsen – erwies sich die musikalische Umrahmung. Dennis Jale sang „Candle in the Wind“ oder „Amazing Grace“ für den Bauherrn. Der Auszug erfolgte via Fächerpolonaise und „Radetzkymarsch“. Umrankt von Menschen und ihren Handykameras. „Mörtel, ohne Sie wird Wien ein bissi fader! RIP“, stand auf einem. Die Frau, die es hochhielt, erinnert sich, dass Lugner ihr einmal beim Einparken half. „So etwas vergisst man nicht.“

So wurde Richard Lugner verabschiedet

„Richard hätte das sehr gefreut“

Im Dom wurden Gedenkbilder verteilt. „Nur eines pro Person“, hieß es. Auf dem Cover prangt eine Darstellung der Lugner City, dem Shoppingcenter mit Essmeile und Rolltreppe am Gürtel in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus, das er Wien hinterließ. Dort gedachte man seiner mit einem riesigen Foto und roten Grabkerzen, die das Wort Lugner formten. Inschrift: „Ruhe in Frieden, #gemmalugner4ever“. Beigesetzt wurde er nach einer Ehrenrunde um die Lugner City in einer Gruft am Grinzinger Friedhof. „Richard hätte das sehr gefreut“, bedankte sich die Familie für die Anteilnahme am letzten, großen Auftritt.