Am 21. Oktober 2021 zückte Alec Baldwin in Westernkluft bei Proben für den Film „Rust“ einen Revolver. Doch statt harmloser Patronen löste sich scharfe Munition. Eine Kugel durchbohrte die Kamerafrau Halyna Hutchins und traf dann den hinter ihr stehenden Regisseur Joel Souza an der Schulter. Sie wurde tödlich verletzt, er kam mit leichteren Verletzungen davon.
Bis zu 18 Monate Haft
Am Dienstag startete nun der Strafprozess gegen Alec Baldwin (66) wegen fahrlässiger Tötung. Eine zwölfköpfige Jury und vier Ersatzgeschworene wurden gefunden - elf Frauen und fünf Männer wurden ausgewählt. Jetzt geht es im Gericht von Santa Fe (US-Bundesstaat New Mexico) mit den Eröffnungsplädoyers weiter. Im Zeugenstand werden unter anderem Filmschaffende, Ermittler und Waffenexperten erwartet. Ob Baldwin selbst aussagen wird, ist bisher nicht bekannt. Bei einem Schuldspruch drohen Baldwin bis zu 18 Monate Haft.
Auch seine Ehefrau, Hilaria Baldwin (40), und einer seiner Brüder, der Schauspieler Stephen Baldwin (58), waren im Gerichtssaal, wie anwesende Journalisten und Journalistinnen berichteten.
Die Geschworenen sind allesamt Bürger von New Mexico, ihre Identitäten bleiben aber gemäß der strikten Gerichtsvorschriften geheim. Ausgesucht wurden sie aus einem Pool von mehr als 70 Personen. Vertreter von Anklage und Verteidigung fragten etwa nach, wie sie zu Waffenbesitz stehen und ob sie selbst eine Waffe besitzen. Richterin Mary Marlowe Sommer wollte etwa von den Kandidaten wissen, wie viele mit dem Fall vertraut seien. Nur zwei Personen gaben an, bisher nichts darüber gehört zu haben.
Tauziehen zwischen Anklage und Anwälten
Bis zuletzt war es ein Tauziehen zwischen der Anklage in dem Wüstenstaat New Mexico und Baldwins New Yorker Anwälten. Die Verteidiger des Schauspielers zogen alle Register, um den Prozess noch abzuwenden. Zuletzt argumentierten sie, dass die Waffe, aus der sich der Schuss gelöst hatte, bei späteren Untersuchungen von FBI-Ermittlern beschädigt worden sei. Damit würde ihnen zur Verteidigung ihres Mandanten ein möglicherweise entlastendes Beweismittel fehlen. Zuvor hatten Baldwins Anwälte Formfehler moniert. Doch die als taff geltende Richterin Mary Marlowe Sommer ließ sich nicht erweichen. Alle Anträge auf eine Einstellung des Verfahrens blitzten bei ihr ab.
Prozess wird per Livestream übertragen
Richterin Sommer gibt auch einen straffen Rahmen vor. Für den Prozess hat sie nur knapp zwei Wochen angesetzt, obwohl beide Seiten lange Listen mit möglichen Zeugen und dutzenden Beweismitteln zur Vorlage eingereicht haben. Im Gerichtssaal sind Kameras zugelassen - per Livestream wird das Verfahren in alle Welt verbreitet. Damit dürfte Baldwin (66) ungewollt im Rampenlicht stehen.
Das war auch schon in diesem Frühjahr der Fall, als die junge Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed in Santa Fe vor Gericht stand. Sie war bei dem Dreh für Sicherheit beim Umgang mit Waffen verantwortlich. Wie die scharfe Munition an das Set kam, war eine der Kernfragen bei dem Prozess. Neben Platzpatronen und sogenannten Dummy-Patronen fanden die Ermittler sechs echte Patronen. Eine davon wurde beim Laden in die Revolvertrommel eingelegt. Die Anklage hielt Gutierrez-Reed vor, Sicherheitsvorkehrungen missachtet und die Munition nicht geprüft zu haben. Die Jury sprach die junge Frau im März wegen fahrlässiger Tötung schuldig. Richterin Sommer verhängte die Höchststrafe - 18 Monate Haft.
Das ist kein gutes Omen für Baldwin. Denn schon in dem ersten „Rust“-Strafprozess fiel ständig sein Name - als Hauptdarsteller und Produzent des Low-Budget-Westerns machte die Anklage ihn und andere Filmmitwirkende für mangelnde Sicherheit am Set verantwortlich. Die Produzenten hätten sich über Vorsichtsmaßnahmen hinweggesetzt, um schnelles Geld zu machen, hieß es.
Baldwin wies Schuld stets von sich
Auf den Todesschuss folgte für Baldwin eine juristische Achterbahnfahrt. Nur wenige Wochen danach beteuerte er in einem TV-Interview: „Ich habe nicht abgedrückt“. Er würde niemals mit einer Waffe auf eine Person zielen und abdrücken. Er habe „keine Ahnung“, wie die scharfe Munition ihren Weg in die Waffe fand. Die Schuld an dem fatalen Unfall wies er stets von sich.
Die erste Anklage gegen Baldwin und Gutierrez-Reed kam dann im Jänner 2023, doch die Vorwürfe gegen den Schauspieler wurden drei Monate später zunächst wieder fallengelassen. Es seien weitere Untersuchungen und forensische Analysen erforderlich, hieß es damals. Die FBI-Ermittler prüften unter anderem, ob eine mögliche Fehlfunktion des Colts zum Auslösen hätte führen können. Einem Gutachten von Schusswaffenexperten zufolge muss der Abzug aber betätigt worden sein. Mit neuen Beweisen in der Hand ging die Anklage im Jänner 2024 wieder gegen Baldwin vor - der plädierte erneut auf „nicht schuldig“.
Vater von acht Kindern
Der Star aus Filmen und Serien wie „Jagd auf Roter Oktober“, „Blue Jasmine“ oder „30 Rock“ kennt beruflich extreme Höhen und Tiefen, auch privat sorgte er oft für Schlagzeilen. Er kämpfte mit Alkohol- und Drogensucht, lieferte sich einen bitteren Scheidungs-und Sorgerechtsstreits mit Kim Basinger um die gemeinsame Tochter Ireland.
Seit 2012 ist er mit der Yoga-Lehrerin Hilaria Baldwin (40) verheiratet, das Paar hat sieben Kinder. Im September 2022, ein knappes Jahr nach dem Todesschuss, war ihre jüngste Tochter zur Welt gekommen. Seit vorigem Jahr ist Baldwin auch Opa, durch den ersten Nachwuchs von Tochter Ireland (28).
Eigene Realityshow ab 2025
Ungeachtet des Prozesses und einer möglichen Haftstrafe kündigte Baldwin Anfang Juni ein neues Familienprojekt an. Die Reality-Show „The Baldwins“ werde im kommenden Jahr beim US-Sender TLC starten, teilte das Ehepaar in einem Video bei Instagram mit. „Wir laden euch in unser Zuhause ein, um unsere Hochs und Tiefs mitzuerleben, das Gute, das Schlechte, das Wilde und das Verrückte.“